Die feierliche Unterzeichnung des Finanzausgleiches im November des Vorjahres: Nun fürchten die Länder, dass der Pakt durch die Hintertür wieder aufgeschnürt werden könnte.

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Wien – Im überarbeiteten Regierungsprogramm wird das Thema relativ lapidar abgehandelt. Alle neuen Maßnahmen, auf die sich SPÖ und ÖVP im Jänner geeinigt haben, werden zwischen 2018 und 2021 kumuliert vier Milliarden Euro kosten. Wo die herkommen sollen, das ist aber noch die große Unbekannte. Vereinbart wurde nur: 2,8 Milliarden sollen durch Einsparungen finanziert werden, der Rest, also 1,2 Milliarden Euro, soll sich durch höhere Steuereinnahmen infolge einer besseren Konjunktur selbst finanzieren.

Die Länder sind ob dieser fehlenden Details bereits alarmiert. Wie berichtet haben die Finanzreferenten vor dem Wochenende in einem Brief an Finanzminister Hans Jörg Schelling "umgehende" Verhandlungen gefordert, weil sie "massive finanzielle Auswirkungen" auf Länder und Gemeinden befürchten.

Bis zu 200 Millionen

Laut dem Büro von Tirols Landeshauptmann Günther Platter, der ÖVPler ist aktuell Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, ist heuer nach ersten Schätzungen mit 40 Millionen Euro an Mindereinnahmen für die Länder zu rechnen, die im Jahr 2021 auf rund 200 Millionen steigen würden. "Es deutet einiges klar darauf hin, dass die Länder in der Finanzierung mitverpflichtet werden sollen", meint der ÖVP-Politiker. Bei einem Treffen mit Schelling sollen die offenen Fragen demnächst besprochen werden.

Worum es dabei geht: Im neuen Koalitionspakt sind einige Vorhaben enthalten, die sich negativ auf das Steueraufkommen auswirken würden. Allen voran: Die Steuerstufen sollen künftig immer dann an die Inflation angepasst werden, wenn diese fünf Prozent übersteigt. Über das genaue Modell – vor allem die Frage, wie die oberen Einkommen entlastet werden sollen – streitet die Regierung zwar noch, Schelling hat den Einnahmenausfall aber zuletzt mit 1,1 Milliarden beziffert. Ebenfalls geplant: die Halbierung der Flugabgabe und eine Anhebung der Forschungsprämie, die ebenfalls die Steuerlast der Betriebe senken würde.

Nur Bund muss sparen

Im Schelling-Büro versteht man die Aufregung dennoch nicht. "Wir fühlen uns von der Kritik nicht betroffen." Verwiesen wird darauf, dass die Einsparungen im Ausmaß von 2,8 Milliarden Euro der Bund allein stemmen werde. Umgekehrt würden die Länder von den konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen profitieren. Wie immer gilt hier der Schlüssel: zwei Drittel für den Bund, ein Drittel für die Länder. Sollten die von der Regierung prognostizierten 1,2 Milliarden an zusätzlichen Einnahmen halten, dürften sich die Länder also über 400 Millionen Euro freuen.

Aber sind diese Erwartungen überhaupt realistisch? Beim Wifo traut man sich nicht, das einzuschätzen. Auch mehr als zwei Monate nach Vorlage des neuen Koalitionspaktes habe man noch immer keine validen Daten; wisse also nicht, wann welche Maßnahme in welchem Ausmaß in Kraft treten soll, beklagt Budgetexpertin Margit Schratzenstaller. Für die aktuelle Konjunkturschätzung, die vergangene Woche präsentiert wurde, habe man die rot-schwarzen Vorhaben daher noch gar nicht berücksichtigt. (Günther Oswald, 28.3.2017)