Gute Ideen einfangen: Der Pharmakonzern Janssen bietet innovativen Forschern in den USA optimale Bedingungen.

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US-Pharmakonzern Janssen betreibt ein Hightechlabor als Inkubator für Medikamentenforschung.

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Forscher in Kalifornien müsste man sein. Genauer gesagt ein Forscher mit einer guten Idee. "Es dauert einfach zu lange, bis neue Wirkstoffe auf den Markt kommen", sagt Kara Bortone. Sie arbeitet beim US-Pharmakonzern Janssen und leitet in La Jolla unweit von San Diego eines von fünf sogenannten JLABs, eine Einrichtung, die sich als Brutstätte für neue Ideen im Bereich Medizin versteht.

Man habe ganz selbstkritisch festgestellt, wo es bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe zu mitunter jahrelangen Verzögerungen kommt und die schwerfälligen Strukturen in globalen Pharmaunternehmen als mögliche Ursache identifiziert. "Wir sind überzeugt, dass kleine lokale Einheiten wesentlich effizienter sein können", sagt Bortone. Sie ist dynamisch, hat ein kalifornisches Dauerlächeln und präsentiert die Einrichtung, für die sie arbeitet, mit einer Leidenschaft, die für Europäer sehr ungewohnt ist.

Neuland betreten

Wissenschafter haben hier mitten in der Wüste unweit der Grenze Mexikos die Möglichkeit, ihre Projekte umzusetzen. Wer es mit einer Idee hierherschafft, hat ein Hightechlabor zu seiner freien Verfügung, kann neue Wirkstoffe bauen und gleich auch austesten und auf die Einsetzbarkeit als Medikament überprüfen.

Die Kriterien, um es in die JLABs zu schaffen: erstens ein "unmet medical need", also ein medizinisches Problem, für das es bisher noch keine Lösung gibt. Zweitens ein innovativer Ansatz, also eine Wirkweise, die bisher einzigartig ist. Drittens eine finanzielle Basisausstattung in Form einer Förderung des National Institute of Health. Und viertens ein hochqualifiziertes Team.

Zirka 20 Prozent aller Bewerber schaffen es in diesen Inkubator in die felsige Umgebung von La Jolla. "Wir wollen die besten Leute aus den Universitäten", sagt Bortone und lässt ihren Blick über die sonnenbeschienenen Kakteen im Garten schweifen. JLABs gibt es nicht nur hier, sondern überall dort, wo Janssen die besten Ausbildungsstätten vermutet. Derzeit ist das neben San Diego auch San Francisco, Houston, Toronto und Boston.

Eine Frage des Equipments

Derzeit sind es rund 200 Start-ups, die in diesen JLABS ihre Projekte vorantreiben. Sie sitzen zu dritt oder viert in winzigen Arbeitszimmern entlang einer Laborstraße. Fast alle sind besetzt, haben ihre "Cubicles" je nach persönlichen Vorlieben mit Familienfotos, Comics und Sprüche ein bisschen persönlich gestaltet. In jedem Arbeitszimmer zentral und gut einsichtig ist ein riesiges Flipchart, vollgekritzelt mit molekularen Strukturen und Formeln, die Eingeweihten eine Vorstellung von der Natur eines Projektes und dem Forschungsfortschritt gewähren.

"Wir haben hier ein Equipment, das wir uns nie hätten leisten können ", sagt Frank Tufaro, Gründer von DNAtrix, und meint Genomsequenziermaschinen der allerneuesten Generation. Zusammen mit drei Kollegen treibt er seine Idee voran, durch in den Körper eingeschleuste, harmlose Viren Tumore bekämpfen zu können. 1000 Dollar pro Monat zahlt er, um die Hightech- Infrastruktur hier nutzen zu können. "Wir hätten zirka 50 Mitarbeiter unterschiedlicher Fachrichtungen gebraucht, um zu unseren jetzigen Ergebnissen zu kommen", sagt er. Tufaro ist um die 60, hat zeit seines Lebens als Virologe gearbeitet und ist enthusiastisch, was seine Sache betrifft.

Inspirierendes Klima

Nicht nur der Austausch mit den anderen Wissenschaftern sei befruchtend, die JLABs stellen auch ihr Netzwerk zur Verfügung und bringen Investoren in die Labors. Idealerweise läuft das so: Forscher sollen hier neue Moleküle austesten, die sich zur Behandlung von Krankheiten eignen. Sie sollen sie hier isolieren, sollten sie auf ihre Effizienz, ihre Stabilität und ihre mögliche Toxizität überprüfen und so die Frage klären, ob sich ein Molekül überhaupt als Medikament eignet. Forscher, die mit ihren Projekten diese Hürde nehmen und ein "Proof of Concept" (POC) haben, versuchen dann Financiers zu gewinnen. JLABs unterstützt mit Know-how zu Patentfragen. Im besten Fall wird aus einer Idee eines Tages dann tatsächlich ein Medikament.

Und wie profitiert Janssen als Betreiber dieser Forschungsstätte? "Wir bekommen einen extrem guten Einblick in die laufenden Forschungsansätze und können – sollte ein Projekt gut ins Portfolio von Jannsen passen – den Wissenschaftern ein Angebot machen. Allerdings stünde es denen wiederum frei, dieses abzulehnen oder auch mit anderen Pharmakonzernen zu verhandeln. "No strings attached", heißt dieser forschungsfördernde Zugang, der sich ins Deutsche am besten mit "ohne weitere Bedingungen" übersetzen lässt.

Gleich gegenüber in La Jolla, auf dem nächsten Berg, hat auch Pfizer einen Inkubator, erzählt Bortone, doch dort war die Freiheit für Forschende nicht gewährleistet, Kooperation war Bedingung. "Es war nicht besonders erfolgreich, wir glauben, dass es daran lag", sagt Bortone immer noch lächelnd, und sie lächelt auch, wenn sie sagt, dass Janssen über die Höhe seiner eigenen Investitionen keine Auskunft gibt. (Karin Pollack, CURE, 21.6.2017)