Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Dienstag die deutsche "Bild"-Zeitung heftig wegen einer zweisprachigen Schlagzeile kritisiert, in der es heißt, der türkische Republiksgründer Mustafa Kemal Atatürk (1881–1938) hätte beim Referendum am 16. April über die Einführung eines Präsidialsystems mit "Nein" gestimmt ("Atatürk olsa Hayir derdi").

Als Begründung zitierte "Bild" am Dienstag den Türkei-Experten der Uni Essen, Burak Çopur: "Atatürk hätte mit NEIN gestimmt, weil er zwar autoritär war, aber nicht totalitär. Atatürk begründete (teils mit härtesten Maßnahmen) die ersten demokratischen Reformen, trennte Staat und Religion. Erdoğans Reformen wollen das zurückdrehen."

Erdoğan sagte hingegen laut "Hürriyet Daily News" in einem Interview mit mehreren Fernsehsendern, Atatürk hätte mit "Ja" gestimmt, "weil er in einem Staat lebte, den wir einführen wollen". Der islamisch-konservative Präsident warf den Autoren des "Bild"-Artikels vor, sich nicht ausreichend mit Atatürk und dessen Erfahrungen auszukennen.

Sollte er wieder auferstehen, würde Atatürk "Ja" zu den Bestimmungen sagen, "die wir vorbereitet haben", meinte Erdoğan. "Atatürk wollte das, was wir tun wollen." Er sei mit seinem Ministerpräsidenten und Nachfolger İsmet İnönü oft nicht einer Meinung gewesen.

Erdoğan wies die Vorwürfe der Opposition, er wolle ein Einmannregime errichten, mit dem Hinweis auf den Herrschaftsstil des Republiksgründers zurück. "Hat Mustafa Kemal nicht allein regiert?", fragte Erdoğan. (APA, 28.3.2017)