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Roboter-gestützte Lagerverwaltung und Logistik gehören zu den vielversprechenden Zukunftsfeldern der Maschinen- und Metallindustrie.

Foto: Getty Images/Cultura RF/Monty Rakusen

Salzburg/Wien – So schnell wie möglich auf digitalisierte Prozesse umrüsten oder lieber zuwarten, bis sich "Industrie 4.0" großflächig etabliert hat und so einen Bauchfleck vermeiden? Wie viele Unternehmen stellt die Digitalisierung der Geschäftsprozesse auch Österreichs wichtigste Exportbranche, Maschinenbauer und Metallverarbeiter, vor Weichenstellungen und Herausforderungen. "Abwarten ist Unsinn", sagt der Geschäftsführer von Fraunhofer Research, Wilfried Sihn, "viel besser ist, mit einem überschaubaren Projekt zu beginnen und sich gegebenenfalls Expertise von Profis holen."

"Die Margen sind zu verführerisch, um in alten Geschäftsmodellen zu verharren", warnt Thomas Sattelberger, ehemals im Vorstand von Dax-Konzernen wie Deutsche Telekom, Continental und Lufthansa. Er verweist auf die "Speed Factory", in der der Sportschuhhersteller abgeschottet von seinen herkömmlichen Fabriken sein Digitalgeschäft entwickle. Vom Laufschuh, auf den sich der Kunde seinen Namen drucken lassen kann bis zur Maßanfertigung mit 3-D-Drucker – dafür sei geballtes Know-how notwendig, das auch über konzerninterne Freiheiten verfüge.

Im Sandwich zwischen "Maschinenhaus China" und dem "Digital House" USA bräuchten hochentwickelte "Maschinenhäuser" wie Deutschland oder Österreich generell mehr als Effizienzinnovationen. Ein echter Katalysator des Wandels ist gefragt, und zwar zuerst in den Führungsetagen, appellierte Sattelberger bei der Tagung "Maschinenbau vorausgedacht", zu der Experten, Unternehmer, Banker und Berater aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vorige Woche nach Salzburg gekommen waren.

Verarbeiter gut aufgestellt

Wiewohl Aufträge hierzulande vielfach nicht in Massenproduktion abgearbeitet werden, sondern kleine Losgrößen in Manufaktur, und Branchenfachleute das Zusammenspiel von Maschinenbau und Informatik als ausbaufähig beschreiben, sind Österreichs Metallverarbeiter gut aufgestellt. Bei der technologischen Ausstattung können sie laut einer Untersuchung der TU Graz mit deutscher und schweizerischer Konkurrenz locker mithalten. Was den Einsatz der für Industrie 4.0 relevanten Techniken betrifft, sind die Österreicher sogar vor den Nachbarn positioniert – sowohl bei der Einzelanfertigung als auch in Großserien, wobei der Fokus bei Investitionen klar auf Prozesstechnik liegt und noch nicht auf Produktionstechniken. "Ein deutliches technologisches Upgrade" attestiert der Vizerektor Forschung der TU Graz, Horst Bischof – obwohl die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Mittelwert geringer seien als die der deutschen und schweizerischen Betriebe. In Bezug auf Produkt- und Marktneuheiten zeigten sich trotzdem kaum Unterschiede.

Dem Geschäft soll dies nicht abträglich sein: Im Vergleich mit den Nachbarn weise Österreichs Maschinen- und Metallindustrie nicht nur den höchsten Anteil an Aus- und Einfuhren aus, sondern sei auch stark in internationale Zulieferketten integriert.

Wohin die digitale Reise geht, ist klar: Zwei Drittel der Betriebe bieten Planungs-, Wartungs-, Schulungs- und Montagedienstleistungen an, aber Dienstleistungen zur Fernunterstützung, Software-Entwicklung und Modernisierung sind weniger verbreitet, besonders in Österreich.

Womit klar ist, dass die "Smart Factory", also die dezentrale und hochautomatisierte Produktionsumgebung, in der sich intelligente Werkstücke, Fertigungsanlagen und Logistiksysteme weitgehend selbst organisieren, für Maschinenbauer vorerst weniger essenziell sind als "Smart Services" oder "Smart Products".

Ob große oder kleine Losgrößen: Ein Minimum an Digitalisierung bleibt über kurz oder lang selbst dem kleinen Hammerschmied nicht erspart, der Stifte für Autoschlösser anfertigt. Er muss Baupläne und Angebote digital verschicken können, sonst kann er nicht mitbieten um Aufträge, sagt Siemens-Österreich-Vorstand Kurt Hofstädter. (Luise Ungerboeck, 29.3.2017)