Vieles haben Katja Wagner, ...

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... Nicola Sturgeon und Theresa May nicht gemeinsam. Frauen sind sie halt.

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Spätestens seit Emma Watsons Halbnacktfoto wissen nun wohl alle, dass der wie auch immer gestaltete und in Szene gesetzte Körper weder Rückschlüsse auf politische Haltungen zulässt, noch als Maulkorb dienen darf. Kollege Nils Pickert hat hierzu auf eine sehr schön formulierte feministische Forderung aus den sozialen Medien aufmerksam gemacht: "das Recht auf die Unkommentiertheit des weiblichen Körpers".

Wie weit wir davon entfernt sind, zeigt aktuell etwa der plumpe Untergriff auf dem Cover der englischen "Daily Mail", auf dem die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und die britische Premierministerin Theresa May bei ihrem Treffen am Montag in Glasgow abgebildet sind. "Never mind Brexit, who won Legs-it!", fällt der Zeitung dazu ein. Die beiden haben also – Überraschung – Beine, womit im Grunde auf nur eines hingewiesen werden soll: Die beiden sind Frauen. Und dazu muss man sich offenbar noch immer einen schlechten Schmäh einfallen lassen.

Egal ob Politik oder Schönheitssalon

So groß wie der Brexit ist die Bedeutung von Katja Wagners Thema nicht, mit dem sie aber immerhin seit Wochen in der Öffentlichkeit steht. Dabei spielt freilich eine Rolle, dass sich hier erstens eine Frau über ArbeitnehmerInnenschutz und Auflagen des Arbeitsinspektorats echauffiert, und zweitens eine, die hauptberuflich damit beschäftigt ist, den gemeinhin als perfekt empfundenen Frauenkörper zu produzieren – und selbst auch noch eine Ex-Miss ist, diesen also auch selbst verkörpert.

Um keine Missverständnisse darüber aufkommen zu lassen, worum es in einem feministischen Support für Frauen wie sie geht: Zwar bringen weder Wagners Kritik an den Auflagen für Geschäftsräume noch ihr Kosmetikstudio und schon gar nicht irgendwelche Miss-Wahlen (Wagner wurde 2013 "Miss Earth Air"), auch keine Theresa May, uns in puncto Gleichberechtigung nur einen Millimeter voran. Vielleicht sogar im Gegenteil. Das darf aber nichts an den einfachsten humanistischen Standards ändern. Für ihre Handlungen können sie natürlich kritisiert werden – aber nicht mit fiesen sexistischen Wendungen. Eigentlich ein recht banaler Einwand, der aber offenbar ständig nötig ist – wie auch das Beispiel Melania Trump zeigt.

Der hämische und herablassende Umgang mit Frauen in der Öffentlichkeit zeigt, dass es erst in zweiter Linie um ihr Tun geht und in erster darum, dass sie Frauen sind. Bei May und Sturgeon muss ein Rock respektive die Beine als Aufhänger herhalten, um die Politikerinnen der Lächerlichkeit preiszugeben. Bei Wagner ihre Arbeit im Schönheitssalon, damit sie zur "Waxing-Tussi" wird.

Das Ärgernis lautet: Frau

Reaktionen wie diese werden gern mit der Bereitschaft, sich doch selbst öffentlich zum Thema zu machen, gerechtfertigt. Mit ihrem Auftreten, ihrem Beruf, der dabei helfe, Frauen zu unterdrücken, oder ihrer Machtstellung, wie bei May. Faule Ausreden. Denn die große Bandbreite der Frauen, die dieser Häme und Herablassung ausgesetzt sind, zeigt: Es ist völlig unerheblich, ob sie waxt oder einer Regierung vorsteht. Das erste und unmittelbarste Ärgernis ist: Sie ist eine Frau. (Beate Hausbichler, 29.3.2017)