Die Kosten für das Krankenhaus Nord in Wien-Floridsdorf wurden von 850 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro nach oben korrigiert. Erste Patienten sollen hier ab Ende 2018 behandelt werden.

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Wien – Das Milliardenprojekt Krankenhaus Nord nimmt Formen an. Noch im Frühjahr soll die Luft- und Kühlanlage im 785-Betten-Spital in Wien-Floridsdorf in Betrieb genommen werden. Ebenfalls noch in diesem Jahr soll der technische Probebetrieb, also das Zusammenspiel zwischen Medizintechnik und EDV, aufgenommen werden. Die bauliche Fertigstellung erfolgt wie berichtet Ende des Jahres. Die ersten Patienten sollen nach einer intensiven Probephase Ende 2018 im Spital behandelt werden. Übersiedelt werden auch Patienten aus anderen Wiener Krankenhäusern.

Die "genaue Taktung der Übersiedlung wird im Herbst 2017 entschieden", sagte Thomas Balázs, der stellvertretende Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), am Freitag. Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) hatte gemeinsam mit der interimistischen Führung des KAV zum Pressegespräch geladen. Nach dem mit 395.000 Euro Ablöse versüßten Rausschmiss von KAV-Chef Udo Janßen teilen sich Balázs, Evelyn Kölldorfer-Leitgeb und Michael Binder die Führungsaufgaben.

Kosten auf 1,1 Milliarden Euro explodiert

Balázs ist wie bisher auch für das KH Nord verantwortlich. Die Kosten für das Projekt mussten nach massiven Bauverzögerungen von 850 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro nach oben korrigiert werden. In den zuletzt genannten und nach wie vor gültigen Kosten seien auch "Versicherungsthemen und Claims" berücksichtigt, sagte Balázs. Claims sind Nachforderungen von Auftragnehmern, die etwa wegen Störungen auf der Baustelle höhere Kosten geltend machen.

Aktuell laufen laut KAV "zwei anhängige gerichtliche Auseinandersetzungen". Die eine betrifft die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Statik: Weil diese keine Verjährungsverzichtserklärung unterzeichnen wollte, reichte der KAV 2015 eine Feststellungsklage ein.

Mittlerweile habe diese laut KAV den Verjährungsverzicht unterzeichnet und Vergleichsgespräche angeboten. "Auch die zuständige Haftpflichtversicherung hat in der Zwischenzeit 855.000 Euro an den KAV geleistet", hieß es in einer Stellungnahme an den STANDARD.

Verhandlungstermin Ende Mai denkbar

Im zweiten Fall klagte die im April 2016 gekündigte Projektsteuerung Vasko & Partner den KAV auf ausstehende Honorare in Höhe von 3,2 Millionen Euro ein. Die Klage wurde laut Wilfried Opetnik von der Kanzlei Pflaum, Karlberger, Wiener, Opetnik nach gescheiterten Vergleichsgesprächen im Herbst 2016 eingebracht. Die ehemalige Projektsteuerung habe vor der Kündigung "vor dem sich abzeichnenden Desaster" beim KH Nord gewarnt. Ein erster Verhandlungstermin könnte Ende Mai über die Bühne gehen, sagte Opetnik dem STANDARD.

Der KAV spricht hingegen davon, dass "trotz mehrfacher Aufforderung nicht die notwendigen Leistungen erbracht wurden". Weil eine Verjährungsverzichtserklärung nicht unterzeichnet wurde, reichte der KAV als Reaktion eine Feststellungsklage auf 600.000 Euro ein.

Aufklärung über die Zustände beim Projekt KH Nord soll ein Bericht des Rechnungshofs bringen. Der Rohbericht, auf den die Stadt Wien und der KAV mit Stellungnahmen reagieren können, ist laut KAV noch nicht eingetroffen.

KAV-Rechtsform gesucht

Neben dem KH Nord ist innerhalb des KAV die neu zu findende Rechtsform beherrschendes Thema. Diese soll Ende Mai feststehen, bekräftigte Frauenberger. Eine Aktiengesellschaft werde es nicht. Der KAV soll Personal- und Finanzhoheit erhalten.

Gearbeitet wird auch am Betriebsklima, das zuletzt ordentlich gelitten hat. Nach dem Rücktritt von Stadträtin Sonja Wehsely und dem Janßen-Rausschmiss dürfte sich das gebessert haben. "Die Stimmung ist entkrampfter", sagte Balázs. Die von Ärzten kritisierte Umstellung des Arbeitszeitgesetzes werde man "in Ruhe durchziehen", sagte Frauenberger.

Nach Kritik der Volksanwaltschaft zur Kinder- und Jugendpsychiatrie wurde eine Aufstockung versprochen: 2018 soll am Rosenhügel um 15 Plätze aufgestockt werden. Auch im AKH ist ein Ausbau geplant. Im KH Nord soll es 24 stationäre und sechs tagesstationäre Betten geben, sagte Binder. (David Krutzler, 31.3.2017)