Jedes Jahr verenden hunderttausende Vögel nach dem Anprall auf Glasscheiben.

Foto: Wiener Umweltanwaltschaft

Doch einen Vogelschutz für den eigenen Garten kann man mit Schnüren ganz einfach selbst bauen.

Foto: Foto: Der Standard/Becker

Man benötigt einen Bohrer, Schleifpapier, eine Kerze, Nägel, Haken, einen Hammer und eine schwarze Schnur.

Foto: Der Standard/Becker

Der Abstand zwischen den Schnüren sollte elf Zentimeter nicht überschreiten: Die Flügelspannweite des kleinsten Vogels in Österreich, des Zaunkönigs, beträgt zwölf bis 14 Zentimeter.

Foto: Der Standard/Becker

Wien – Die großzügige Verwendung des Materials Glas ist längst auch im privaten Wohnbau angekommen. Verglaste Wintergärten, Balkonbrüstungen und Windschutzvorrichtungen sind so gestaltet, dass sie den Blick ja nicht einschränken. Panoramafenster ersetzen ganze Außenwände.

Nichts darf sich zwischen Wohnen und Naturerleben stellen, die Illusion der Verschmelzung von Innen und Außen ankratzen. Was für den Menschen schön und komfortabel ist, kann für Vögel jedoch tödlich enden. Die meisten von ihnen sind mit 30 bis 50 Kilometern pro Stunde unterwegs.

Viele Vögel sterben nach einem Aufprall nicht sofort. Oft gelingt es ihnen, sich noch zu verstecken und erst später zu sterben. Oder sie werden zur leichten Beute. In den meisten Fällen bleibt nur der selten bemerkte Abdruck auf einer Glasscheibe. Die tatsächliche Anzahl jener Vögel, die so verenden, ist daher schlecht dokumentiert.

Vogelaufkleber nutzen nichts

Fachleute sind auf Schätzungen und Hochrechnungen angewiesen. Im Falle Österreichs handelt es sich um hunderttausende Individuen jährlich. Und ein getöteter Vogel bedeutet in vielen Fällen auch die Vernichtung einer kompletten Brut, denn ein Elternteil alleine ist von seinem prekären Energiehaushalt her nicht in der Lage, die Jungen erfolgreich großzuziehen.

In Österreich haben sich die Wiener Umweltanwaltschaft und die Biologische Station Hohenau-Ringelsdorf als Erste dieses Themas angenommen. Auch in den Bundesländern entwickelt sich ein Bewusstsein für die Problematik. Wilfried Doppler von der Wiener Umweltanwaltschaft erklärt, dass es regelmäßig Anfragen gibt, wie man Vogelanprall im eigenen Umfeld vermeiden kann. Als Erstes weise er immer darauf hin, dass die weitverbreiteten, meist schwarzen Greifvogelaufkleber leider definitiv nichts nutzen. Diese werden nicht – so wie von den Erfindern beabsichtigt – als gefährliche Fressfeinde wahrgenommen, sondern als schwarze Flecken, an denen vorbei die Vögel direkt ins Glas fliegen.

Im Internet werden Aufkleber und Stifte, sogenannte Bird-Pens, sowie ein eigens entwickeltes Glas beworben, die sich die Fähigkeit der Vögel, im ultravioletten Bereich zu sehen, zunutze machen. Das Muster des Glases bleibt dadurch für das menschliche Auge unsichtbar.

Die Biologische Station Hohenau-Ringelsdorf testete diese Produkte. Das Ergebnis war ernüchternd: Alle Versuche mit natürlich fliegenden Vögeln ergaben, dass der Nutzen für die Tiere nicht messbar ist und ihre Überlebensrate nicht erhöht wird. Wilfried Doppler fügt an, dass auch nicht alle Vögel UV-Licht wahrnehmen können. Greifvogelarten und Spechte besitzen diese Fähigkeit zum Beispiel nicht. Zudem gebe es Hinweise, so der Experte, dass die anderen diese Fähigkeit zwar zur Partner- und Nahrungssuche nutzen, aber nicht während des Fliegens.

Geringer Zeitaufwand

Ganz allgemein gilt: Je bessere Lebensbedingungen ein Garten und seine Umgebung, eventuell ausgestattet mit Futterstellen und Nistplätzen, für Vögel bieten und je baumreicher sie sind, umso gefährlicher ist der Einsatz von Glas. Für die Tiere taucht es unvermittelt zwischen zwei benachbarten Bäumen auf, oder es spiegelt vermeintliches Blattwerk, das mit voller Kraft angesteuert wird.

Doppler regt daher an, im privaten Umfeld die eigenen Glasscheiben anprallsicher zu machen. Die notwendigen Maßnahmen sind einfach, kostengünstig und mit ein bisschen Geschick selbst zu bewerkstelligen. Der Zeitaufwand ist gering, ein selbstgebastelter Vogelschutz ist an einem Nachmittag zu schaffen. Die Kosten liegen pro Scheibe bei etwa sechs Euro. Man benötigt einen Bohrer, Schleifpapier, eine Kerze, Nägel, Haken, einen Hammer und eine schwarze Polypropylenschnur mit einem Durchmesser von mindestens drei Millimetern.

Zunächst werden die Holzleisten auf die Fensterbreite gekürzt. Anschließend werden Löcher gebohrt. Der Abstand zwischen den Schnüren sollte elf Zentimeter nicht überschreiten: Die Flügelspannweite des kleinsten Vogels in Österreich, des Zaunkönigs, beträgt zwölf bis 14 Zentimeter. Die Schnüre werden nun etwas länger als die Scheibenhöhe zurechtgeschnitten und die Enden mit einer Kerze versiegt. Dann müssen die Schnüre nur noch durchgefädelt und die Leiste an der Scheibe angebracht werden. Wichtig ist es, den Vogelschutz außen anzubringen, da er sonst durch Spiegelung unsichtbar werden könnte.

Der Frühling ist in Sachen Vogelschutz übrigens die beste Zeit. Die Zugvögel kehren zurück, Balz und Revierverteidigung machen die Tiere unaufmerksam. Ein gut gemeinter Frühjahrsputz mit blitzblanken Glasscheiben tut dann noch sein Übriges. (Reinhilde Becker, 17.4.2017)