Berivan Aslan, Frauensprecherin der Grünen, ortet "gravierende Baustellen" in der Frauenpolitik.

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Zwischen 7. und 14. April 1997 setzten fast 650.000 Österreicher – und vor allem Österreicherinnen – unter elf Forderungen ihre Unterschrift: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit war einer der Punkte des damaligen Frauenvolksbegehrens, ein Mindesteinkommen von 15.000 Schilling ein anderer. "Heute, zwanzig Jahre später, wurden nur zwei Forderungen tatsächlich erfüllt", sagt Berivan Aslan, Nationalratsabgeordnete und Frauensprecherin der Grünen, bei einer Pressekonferenz am Montag.

Abhaken könne man die Forderung, dass auch alle Alleinerzieherinnen zwei Jahre lang Karenzgeld bekommen. Darüber hinaus sei das Pensionsalter für Frauen bis jetzt nicht mehr angehoben worden. "Das größte Problem ist aber die systematische Unterbewertung von Frauenarbeit", sagt Aslan.

Vergleiche man das Einkommensniveau von Männer- und Frauenberufen, zeige sich der enorme Unterschied: Während die in Vollzeit arbeitende Einzelhandelskauffrau auf einen durchschnittlichen Bruttolohn von 2.108 Euro kommt, verdient der Autohändler monatlich 2.953 Euro. Eine Friseurin geht im Schnitt mit 1.401 Euro brutto im Monat nach Hause, in der Metallerzeugung, einem Lehrberuf dem eher Männer nachgehen, bekommt man durchschnittlich 4.188 Euro.

Durch Frauen sinken "Löhne und Ansehen"

In der Frauenpolitik gebe es bis heute "gravierende Baustellen", ist Aslan überzeugt. Hinzu komme, dass in Branchen, in denen der Frauenanteil steigt, "Löhne und Ansehen" sinken würden. Das zeige sich etwa bei Kellnern, Friseuren und Lehrern. Schon jetzt liegt Österreich bei der Einkommensschere laut Eurostat im EU-Vergleich an vorletzter Stelle, Aslan befürchtet eine weitere Verschlechterung.

Die Grünen fordern deshalb nun ein Sozialpartnertreffen zur Reformierung der Kollektivverträge in Hinblick auf die Arbeitsbewertung in klassischen Männer- und Frauenberufen. "Dieses System ist der wichtigste politische Ansatzpunkt", sagt Aslan. Die Kollektivverträge würden schließlich für 95 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die Mindestgehälter in ihren Branchen festlegen. (Katharina Mittelstaedt, 3.4.2017)