Karl Stotz (links) im Zweikampf mit Gerhard Hanappi, 24. Oktober 1955.

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Der Sir bei der Eröffnung des Austria-Museums im Mai 2009.

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Seefeld – 26. Mai 1957. Beim Stand von 2:2 im entscheidenden WM-Qualifikationsspiel zwischen Österreich und den Niederlanden behielt Karl Stotz in der 89. Minute am Elfmeterpunkt die Nerven und drosch den Ball in die Maschen. Es sollte Stotz' erstes und einziges Team-Tor sein, das Österreich zur Endrundenteilnahme in Schweden verhalf. Eine ganze Nation war aus dem Häuschen.

Karl Stotz, geboren am 27. März 1927 in Wien-Favoriten, debütierte mit 17 Jahren in der Kampfmannschaft des FC Wien, dem damals größten Klub im zehnten Hieb. Nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft in Stalingrad kehrte er im Winter 1947/48 als 21-Jähriger zu seinem Stammverein zurück und brillierte in der Wiener Liga als Stopper. Das Buhlen der beiden Wiener Großklubs ließ nicht lange auf sich warten. In der Saison 1951/52 entschied er sich für einen Wechsel zur Wiener Austria, eine Herzensangelegenheit, mit der er in knapp zwölf Spielzeiten vier Meisterschaften und drei Cupsiege holte.

Sein Verhalten auf dem und abseits des Fußballplatzes bescherte ihm den Beinamen "Sir". Stotz trat selten als Grobian oder biederer Ballwegdrescher in Erscheinung, war vielmehr für sein exzellentes Kopfball- und Stellungsspiel bekannt.

Im März 1950 feierte Stotz an der Seite von Ernst Happel sein Teamdebüt. Es folgten 42 Länderspiele, darunter zwei WM-Endrunden. Obwohl nur Ersatzspieler, war Stotz Teil der 1954er-Mannschaft, mit der Österreich in der Schweiz WM-Dritter wurde. In der Ära des legendären Teamchefs Karl Decker wurde Stotz spätestens ab 1958 zur tragenden Säule der Nationalmannschaft – unvergessen die Erfolgsserie der ÖFB-Elf gegen Kapazunder wie Schottland, UdSSR, Spanien, Italien, England und Ungarn.

Erfolgreiche Trainerlaufbahn

Im Laufe seiner Karriere war Stotz zweimal in die Fußball-Weltauswahl einberufen worden, ehe er 1963 seine aktive Laufbahn beendete und stellvertretender sportlicher Leiter der Wiener Austria wurde. Nach einem mehrjährigen Intermezzo außerhalb des Fußballgeschäfts, Stotz arbeitete als Verkäufer von Büromaterial, kehrte er Mitte der Siebzigerjahre als Cheftrainer zur Wiener Austria zurück. Unter der wirtschaftlichen Führung von Sparefroh Joschi Walter war Stotz als Trainer dazu verdammt, die Jugend zu forcieren. Mit den Veilchen holte er 1975/76 die Meisterschaft, im Jahr darauf den Cup. Er schliff Rohdiamanten wie Herbert Prohaska, Karl Daxbacher, Felix Gasselich, Ernst Baumeister und Erich Obermayer zu Jahrhundertkickern, die kurz darauf eine ganze Generation prägen sollten.

1978 wurde Karl Stotz Trainer des österreichischen Nationalteams, das er 1982 zur Weltmeisterschaftsendrunde in Spanien führte. Trotz des Erfolgs fand seine Teamchefkarriere noch vor der WM ein jähes Ende, weil der damalige ÖFB-Präsident Karl Sekanina den Plan schmiedete, Ernst Happel an Stotz' Stelle auf die Betreuerbank zu setzen. Eine Lose-lose-Situation: Stotz wurde unrühmlich abserviert, Happel bekam vom HSV keine Freigabe. Was folgte, war ein langwieriger Rechtsstreit zwischen Stotz und dem ÖFB vor dem Arbeitsgericht, der letztlich zugunsten des Klägers ausging.

Nach Funktionärstätigkeiten beim Favoritner AC und der Austria verlegten Stotz und dessen Gattin Sylvia ihren Lebensmittelpunkt Ende der 1980er-Jahre nach Seefeld in Tirol.

In den Morgenstunden des 4. April schlief Karl Stotz friedlich ein. (red, 4.4.2017)