Rapid-Coach Canadi nach einer Selbstreflexion: "Ich habe das eine oder andere Mal emotional reagiert. Da habe ich sicherlich das eine oder andere Mal über die Stränge geschlagen."

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Wien – Rapid-Trainer Damir Canadi hat am Dienstag in der Pressekonferenz vor dem Cup-Viertelfinalspiel gegen St. Pölten einige Dinge zurechtgerückt und zu den Themen "Kopfwäsche der Chefetage", "Draht zur Mannschaft" und "Eklat mit Louis Schaub" relativ offen Stellung bezogen.

"Es ist natürlich so, dass es für uns keine leichte Situation ist, dass Druck da ist, dass Kritik kommt, wenn du Spiele nicht gewinnst. Das sind ganz normale Dinge, gerade bei Rapid, wo man jede Woche Siege erwartet. Wir hatten einen Start mit vier Unentschieden und drei Niederlagen, das ist sicher nicht das, was wir uns vorstellen. Mit dem musst du ganz einfach umgehen können, das ist auch kein Thema", sagte er einleitend.

Der Rapid-Coach will keine Gehirnwäsche bekommen haben, hat eingesehen, dass er sich manchmal falsch verhalten hat. "Wir haben uns in der Länderspielpause zusammengesetzt, haben uns Gedanken gemacht und analysiert. Es war nicht so, dass ich eine Gehirnwäsche bekommen habe, dass mir irgendwer erklären muss, wie ich mich zu verhalten habe, aber ich habe auch mich analysiert und festgestellt, dass ich mich da oder dort falsch verhalten habe."

SK Rapid Wien

Er ist nun mittlerweile bereits knapp sechs Monate Trainer der Hütteldorfer und hat mit zwei Siegen, sechs Remis und sieben Niederlagen in Pflichtspielen eine miserable Bilanz vorzuweisen. Rapid liegt als Siebenter bereits 28 Punkte hinter Tabellenführer Red Bull Salzburg.

Am Anfang sei die "Kennenlernphase" samt einem gegenseitigen "Abtasten" gewesen. "Dann setzt der Trainer ein paar Akzente, und dann kommt es einfach zu einer Konfliktphase. So beginnt eine Gruppe zu leben. Konflikt gehört dazu. Natürlich wollte ich nicht, dass es in dieser Art und Weise ausartet. Aber vielleicht habe ich als Trainer einfach den einen oder anderen Schalter gedrückt, was vielleicht nicht jedem gleich so schmeckt, und dann kommst du in die Konflikte hinein, die du aber auch brauchst, um performen zu können. Hast du keinen Konflikt – das ist wie in der Ehe zu Hause –, dann wirst du mit deiner Frau vielleicht nicht lange zusammenbleiben. Genauso ist es in einer Fußballmannschaft."

Den Vorwurf, dass er die Spieler nicht mehr erreiche, wollte Canadi so nicht stehenlassen. "Ich denke, dass ich die Spieler sehr wohl erreiche, wir haben gute Gespräche, wir trainieren gut."

Sehr wohl aber gestand er, "das eine oder andere Mal emotional reagiert" zu haben. "Wir (in Richtung Journalisten, Anm.) hatten mehr Konflikte als ich mit der Mannschaft. Da habe ich sicherlich das eine oder andere Mal über die Stränge geschlagen", so der frühere Altach-Trainer.

Zur Causa Louis Schaub, den er, wie in diversen Medienberichten zu lesen war, wegen eines zu langen Dribblings im Training zusammengestaucht haben soll, sagte Canadi Folgendes: "Es ist sicher nicht so, dass ich einem Spieler eine Verletzung wünsche." Einen solchen Trainer gebe es auf der ganzen Welt nicht. "Es war so, dass wir gesagt haben, 'Louis, wenn du den Ball in der eigenen Hälfte eroberst, dann ist es oft nicht möglich, dass du eins gegen eins bis in den Sechzehner der gegnerischen Hälfte hineinkommst.'"

Das Trainerteam und die Fans lieben Schaubs eins gegen eins, aber Canadi würde das gerne nur im letzten Drittel des Spielfeldes sehen. "Ich glaube, es ist Aufgabe des Trainers, das dem Spieler zu sagen." Außerdem sei "die Verletzungsgefahr riesig, wenn du sechs, sieben oder acht Spieler überspielen möchtest, wozu er manchmal tendiert". Manchmal versuche Canadi die Spieler auch zu provozieren. "Wenn sie nicht zuhören oder nicht gleich darauf reagieren. Aber ich habe ihn noch nie zusammengefaltet oder in irgendeiner Form beleidigt, wie ich es gelesen habe." Es sei Aufgabe des Trainers, "den Spieler zu kitzeln und ihn weiterzubringen". (honz, 4.4.2017)