Lothar Lockl kennt die Grünen bestens. Ihm wird parteiintern zugetraut, die Nachfolge von Bundessprecherin Eva Glawischnig anzutreten und die Partei wieder zu öffnen.

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Zuletzt hat sich Lockl als Wahlkampfleiter des nunmehrigen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen profiliert und ist maßgeblich mitverantwortlich für dessen Erfolg.

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Lockl hat seine eigene Agentur und betreut als Berater nach wie vor Van der Bellen.

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Eva Glawischnig hat sich nach einer akuten Erkrankung vorläufig zurückgezogen. Über ihre Nachfolge wird bereits heftig spekuliert.

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Wien – Immer öfter wird bei den Grünen jetzt ein Name genannt: Lothar Lockl. Nach Ansicht vieler käme er als Nachfolger von Eva Glawischnig als neuer Parteichef infrage. Glawischnig ist derzeit erkrankt und hat nach einem allergischen Schock alle Termine abgesagt. Sie steht nach dem Hinauswurf der Jungen Grünen massiv unter Kritik, parteiintern wird bereits über ihre Ablöse spekuliert.

Glawischnig wird für das wenig souveräne Auftreten im Umgang mit der Parteijugend und die missglückte parteiinterne Kommunikation verantwortlich gemacht. Auch der interne Streit über eine Neuausrichtung der Partei hat einige Schrammen an ihrem Image als Parteichefin hinterlassen.

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Felipe in Tirol gebraucht

Glawischnig hat bisher keine Andeutungen gemacht, ob sie an einen Rückzug als Bundessprecherin denkt. Ihre Ablöse hatten zuletzt offen die Jungen Grünen gefordert, was schlussendlich mit deren Rausschmiss endete. Glawischnig selbst hatte als mögliche Nachfolgerin die Tiroler Parteichefin Ingrid Felipe ins Spiel gebracht. Die dürfte prinzipiell interessiert sein, verwies zuletzt aber auf die anstehenden Landtagswahlen im kommenden Jahr in Tirol. Derzeit käme ein Wechsel nach Wien für sie nicht infrage.

Parteiintern hält sich die Begeisterung über Felipe offenbar in Grenzen, mit ihr würde nur der unentschlossene Kurs von Glawischnig fortgesetzt, lautet eine Befürchtung: Felipe sei wie Glawischnig, nur in Blassgrün.

Personelle Auffrischung

Lockl dagegen würde eine Auffrischung für die Grünen bedeuten. Er war zuletzt als Wahlkampfleiter von Alexander Van der Bellen maßgeblich für dessen Wahlerfolg mitverantwortlich. Er stehe für eine Öffnung der Partei, die viele als dringend notwendig empfinden. Ihm wird zugutegehalten, dass er nicht nur ein ausgezeichneter Stratege ist, sondern auch sympathisch und souverän im Auftreten. Lockl ist derzeit als Inhaber einer Agentur für Kommunikation und Strategie (Lockl Strategie) selbstständig, er kennt die Grünen seit vielen Jahren, war Pressesprecher und dann Kommunikationschef des damaligen grünen Bundessprechers Van der Bellen, ab 2006 war er Parteimanager der Grünen. 2009 stieg er aus und widmete sich seinen eigenen Geschäften.

Gemeinsam mit Martin Radjabi als Kampagnenleiter setzte Lockl zuletzt den Wahlkampf Van der Bellens perfekt um und ist als externer Berater nach wie vor für Van der Bellen tätig.

Kein Signal zum Rückzug

Ob er für eine Kandidatur überhaupt ansprechbar ist, muss offenbar erst ausgelotet werden. Noch hat Glawischnig aber keine Signale in Richtung Rückzug gesetzt.

Lockl selbst lehnt die Übernahme der Partei nach Angaben der Kleinen Zeitung offenbar ab. "Ich bin seit acht Jahren in der Privatwirtschaft. Ich mache das mit großer Freude und werde dort auch bleiben", wird Lockl zitiert.

Die Turbulenzen sind längst nicht überwunden. Der Ausschluss der Jugend und die erzwungene Urabstimmung über das Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt sorgen für heftige Diskussionen und offenen Streit mit der Parteispitze auf vielen Ebenen.

Europaabgeordneter und Vorstandsmitglied Michel Reimon attackierte am Donnerstag die Jungen Grünen erneut massiv. "Uns wurde angekündigt, Eva schwer zu beschädigen, wenn wir bei der Konkurrenzkandidatur an den Universitäten nicht einlenken." Nun seien die Gerüchte zu Lockl gezielt gestreut worden. "Ich gratuliere allen, die sich daran beteiligen, ihr habt eines geschafft: Wir wählen vermutlich im November und ihr habt die Spitzenkandidatin erfolgreich beschädigt, um Druck für interne Macht- und Karrierespielchen zu machen."

Der Wiener Landessprecher Joachim Kovacs kritisiert die harte Gangart der Bundesgrünen heftig. Sollte der Ausschluss der Jungen Grünen bestehen bleiben, "geht viel an Potenzial verloren", sagt Kovacs im Gespräch mit dem STANDARD. Kovacs fordert weitere Gespräche zwischen der Bundesspitze und den Jungen Grünen: "Eine Jugendorganisation baue ich nicht in ein paar Tagen auf."

Weitere Zusammenarbeit

In Wien bleiben die Jungen Grünen eine Teilorganisation der Landespartei. Kovacs stellt sich damit im Umgang mit dem Parteinachwuchs klar gegen die eingeschlagene Richtung der Bundesspitze. Auch in Vorarlberg haben Parteichef Johannes Rauch und der Geschäftsführer der Jungen Grünen, Matthias Illenberger, mit ihrer Unterschrift die Bereitschaft zu weiterer Zusammenarbeit besiegelt.

Mit den Tirolern waren die Vorarlberger die erste Landesorganisation, die Beschlüsse zur Deeskalation fasste. Rauch hofft auf bundesweite Entspannung, denn Eskalation bedeute Schaden für alle.

Intensiv trifft der Konflikt die Grazer Grünen, wie deren Klubchef Karl Dreisiebner im Gespräch mit dem STANDARD bestätigt: "Uns trifft es besonders hart, weil wir ein Universitätsstandort sind." Die Jüngste im Klub, die 24-jährige Tamara Ussner, hatte vor wenigen Tagen in einem internen Mail, das dem STANDARD vorliegt, überlegt, ihr Mandat niederzulegen, da für sie "die thematische Ausrichtung der Jungen Grünen ein Hauptgrund war", aktiv zu werden. Hätte sie früher von dem Konflikt gewusst, hätte sie "mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht kandidiert", schreibt Ussner, die sich aber am Dienstag angeloben ließ und sich auf die Arbeit freute. (cms, jub, krud, völ, 5.4.2017)