In Rio weinte Jemima Sumgong noch vor Freude.

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Nairobi/London – Als Jemima Sumgong am 14. August des Vorjahres das erste olympische Marathon-Gold einer Kenianerin gewonnen hatte, feierte das ganze Land den historischen Erfolg. Nun liegt ein Schatten über dem Triumph, die ohnehin beschädigte Glaubwürdigkeit der Laufnation ist erneut schwer getroffen. Sumgong wurde in dieser Woche bei einer unangekündigten Trainingskontrolle in Kenia positiv auf Epo gestestet. Das Hormon Erythropoetin ist ein Wachstumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen und wird im Leistungssport nach wie vor gerne missbraucht. Der Weltverband IAAF bestätigte die Einleitung eines Verfahrens wegen eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regularien.

London storniert

Sumgong war als Vorjahressiegerin für den am 23. April in Szene gehenden London-Marathon gemeldet gewesen. Die Veranstalter teilten nun mit, dass sie nicht an der Themse starten werde.

"Ich bin sauber", hatte die Sportsoldatin der kenianischen Luftwaffe nach ihrem Olympiasieg noch erklärt. Sie wird ihre Goldmedaille von Rio höchstwahrscheinlich auch behalten dürfen, da der Test nach ihrem Sieg durchgeführt wurde. Nur wenn Sumgong in den anstehenden Ermittlungen systematisches Doping auch in der Zeit davor nachgewiesen wird, könnte sie nachträglich die Medaille verlieren. Die ginge dann an Bahrain. Silber in Rio hatte die gebürtige Kenianerin Eunice Jepkirui Kirwa gewonnen.

Eine lange Reihe

Sollte auch die B-Probe positiv sein, stünde Sumgong in einer Reihe von dutzenden überführten kenianischen Leichtathleten. Rund 50 Sportler sind in den vergangenen Jahren wegen Dopings gesperrt worden, darunter auch die Weltklasse-Marathonläuferin Rito Jeptoo. Sumgongs frühere Trainingspartnerin war 2014 ebenfalls bei einer Trainingskontrolle positiv auf Epo getestet und anschließend für vier Jahre gesperrt worden. Der derzeitigen Trainingsgruppe der Olympionikin gehört auch Sarah Chepchirchir an, die Ende Februar den Tokio-Marathon gewann. Sie hat ihre persönliche Bestleistung innerhalb eines Jahres um mehr als zehn Minuten auf 2:19:47 Stunden verbessert. Trainiert werden beide von Sumgongs Ehemann und Chepchirchirs Bruder Noah Talam. Sumgongs Manager Federico Rosa war im Zuge der Ermittlungen gegen seine ehemalige Athletin Jeptoo in Kenia inhaftiert worden. Die Anschuldigungen gegen ihn, Jeptoo beim Doping unterstützt zu haben, wurden später allerdings fallengelassen.

Mit Bestürzung, aber auch Erleichterung reagierte die World Marathon Majors (WMM). Die Kontrolle bei Sumgong war Bestandteil eines speziellen Testprogramms für Top-Marathonläufer, das vom Zusammenschluss der weltweit bedeutendsten Straßenmarathons in Boston, London, Berlin, Tokio, Chicago und New York mitfinanziert wird.

Boden gewonnen

"Wenn sich das bestätigt, gibt es einen Hinweis darauf, dass wir im Kampf gegen Doping Boden gewinnen", sagte WMM-Generaldirektor Tim Hadzima zum Fall Sumgong. Ziel des Programms ist es, 150 Läuferinnen und Läufer mindestens sechsmal pro Jahr im Training zu kontrollieren. In der laufenden WMM-Serie 2016/17, die am 17. April mit dem Boston-Marathon endet, führt Sumgong die Damenwertung an. Die Veranstalter erklärten jedoch, bis zur Klärung des Falls keine Siegerin zu küren. Die Gewinnerin erhält 250.000 Dollar. (sid, red, 7.4.2017)