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Jean-Luc Mélenchon bei einer Wahlkampfveranstaltung am alten Hafen in Marseille.

Foto: AP/Paris

Mit 65 ist Jean-Luc Mélenchon zwar der Älteste der wichtigeren französischen Präsidentschaftskandidaten. In Paris meist mit dem Deutschen Oskar Lafontaine verglichen, hat er es aber geschafft, sein Image seit den Präsidentschaftswahlen 2012 – wo er nur elf Prozent erhalten hatte – rundum zu erneuern. Früher angriffig bis aggressiv, gibt er sich heute als weiser Humanist, der in TV-Debatten die allgemeine Anspannung mit oft gelungenen Scherzen auflockert.

Und er zieht die Massen an: Am vergangenen Sonntag in Marseille kamen 80.000 Menschen, zuvor waren es in Paris an die 100.000. Von solchen Zahlen können andere Kandidaten nur träumen – aber auch von seinem Redetalent: Mélenchon – 1951 in Tanger, Marokko, geboren – versteht es, sogar Vorschläge aus der marxistischen Mottenkiste attraktiv zu präsentieren; etwa die Abschaffung des Eigentumsrechtes "im öffentlichen Interesse" oder die Vergenossenschaftung der Informationsmedien.

In Abgrenzung zu François Hollandes weitgehend gescheiterter 75-Prozent-Steuer für Millionäre will der studierte Philologe und Philosoph Einkommen von mehr als 400.000 Euro im Jahr zu "100 Prozent" besteuern. "Was tun eigentlich diese Leute, um solche Saläre zu verdienen?", fragte der Anführer des Parti de Gauche bei einem seiner vielbejubelten Auftritte.

"Méluche", wie ihn seine Fans nennen, will den Mindestlohn auf 1300 Euro im Monat anheben, das Pensionsalter auf 60 Jahre senken und den Franzosen eine sechste Ferienwoche geben. Das alles kostet laut unabhängigen Berechnungen die astronomische Summe von 173 Milliarden Euro – das kümmert aber "Sylvester Staline", wie ihn seine Gegner nennen, kaum.

Mélenchon will gleich alle EU-Verträge durch Frankreich aufkündigen und von Grund auf neu aushandeln. Den Euro will er zum Beispiel auf Parität zum Dollar abwerten. Und wenn die übrigen EU-Partner nicht mitspielen? "Wenn das nicht möglich ist, dann verlassen wir eben das Schiff", erklärte Mélenchon in einem STANDARD-Interview im Jänner. Neueren Datums ist Mélenchons "ökologische Planwirtschaft" (planification écologique) ohne Atomkraft.

Mélenchon, der sich als "ledig" bezeichnet, auch wenn er mit einer marokkanischstämmigen Filmemacherin zusammen sein soll, ist Vegetarier und begeisterter Koch. Seine Energie verdankt er nach eigenen Worten seinem Lieblingsgericht: Taboulé de Quinoa. (10.4.2017)