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Dominic Thiem ist fit für den europäischen Sand.

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Günter Bresnik schließt bei Thiem gar nichts aus.

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Wien – Dominic Thiem ist beim Service gewesen. Die Werkstatt war das Tenniszentrum in der Südstadt, ungefähr zwei Wochen lang wurde er generalüberholt. Trainer Günter Bresnik war sozusagen der Mechaniker. Fünf oder mehr Stunden pro Tag wurde geschraubt. An den Grundschlägen, an der Fitness, am Bewegungsablauf, Basisarbeit. Der 23-jährige Thiem ist seit fast sechs Jahren auf der Tour, und Tennisspieler sind Autos gar nicht so unähnlich. Bresnik sagt: "Du musst regelmäßig das Öl wechseln, die abgenützten Bremsklötze austauschen, Dellen an der Karosserie ausklopfen, die Batterie aufladen. Dann fährst du wieder wie ein Neuwagen."

Thiem und Bresnik flogen am Donnerstag nach Monte Carlo, mit diesem Klassiker beginnt am Sonntag die europäische Sandplatzsaison. Es folgen Barcelona, Madrid und Rom, die French Open in Paris sind logischerweise der Höhepunkt. Der 55-jährige Trainer gibt kein konkretes Ziel aus. "Ich will seine hohe Erwartungshaltung nicht weiter steigern. Man muss abwarten, wie er sich reinfindet. Die Voraussetzungen sind jedenfalls geschaffen."

Thiem liebt die Erschöpfung

Sand ist Thiems Lieblingsbelag, Bresnik streitet das zwar nicht ab, er möchte es aber auch nicht vertiefen. "Betont man das dauernd, setzt man sich unnötig unter Druck. Er hat auch schon auf Rasen ein Turnier gewonnen. Dominic kann mit seinen Qualitäten immer und überall jeden Gegner schlagen." Auf langsamen Sand hält die Lust halt länger an, das taugt Thiem. "Er liebt es, total erschöpft ins Bett zu fallen." Als Nummer neun der Weltrangliste ist man prinzipiell zu allem fähig. Acht Turniersiege stehen in Thiems Vita. Bresnik: "In seiner Situation ist kein Titel eine Überraschung. Warum sollte er nicht in der Lage sein, ein Grand Slam zu gewinnen?"

Als er vor zwei Jahren in Wimbledon früh an Fernando Verdasco gescheitert ist, war Thiem gebrochen. Er legte einen Schwur ab. "Ich ertrage es nicht, bei Grand Slams in der ersten oder zweiten Runde auszuscheiden. Diese Schmerzen sind fürchterlich." Bresnik erinnert sich gerne an dieses Gespräch: "Es war eine ganz entscheidende Erkenntnis."

Die Jäger von oben

Thiem hat ein kleines Luxusproblem. Da er bei Turnieren hoch gereiht ist, kann er Größen wie Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray und wie sie alle heißen erst in der Endphase begegnen. Bei Grand Slams im Viertelfinale. Bresnik: "Diese Erfahrung wäre wichtig. Von den Allerbesten lernt man am meisten." Momentan kommen die Jäger quasi von oben. Die Dominanz des 35-jährigen Federer verwundert Bresnik nicht. "Er beherrscht, wenn es bei ihm privat und körperlich passt, schon die vierte Generation. Er und Nadal stehen über allen, das ist Fakt."

Thiems bisherige Saison war sehr gut, aber nicht herausragend, in Rio gewann er das Sandplatzturnier. Es fehlte an Konstanz, Traumschlägen folgten haarsträubende Patzer. Das könnte ein leichtes mentales Problem sein. Bresnik hat Folgendes beobachtet: "Serviert er im Training zwei Asse und schlägt er beim dritten Versuch weit ins Out, freut er sich nicht über die Asse, sondern ärgert sich über den Fehler. Es muss lernen, kleine Niederlagen zu akzeptieren. Denn nur dann erreichst du Großes." Zumal ein Tennisspiel zwangsläufig aus Fehlern besteht. "Das ist so, das wird Thiem nicht ändern. Ist er am Ende der Saison in den Top Ten, war es ein gutes Jahr." Wirtschaftlich hat er ausgesorgt, sechs Millionen Dollar Preisgeld verdient. Bresnik: "In dieser Kategorie geht es um das Gefühl des Siegens. Die Emotion schlägt den Scheck."

Den Daviscup in Weißrussland hat Thiem ausgelassen. Im September gegen Rumänien ist er wohl dabei. Bresnik sagt: "Ein Tennisprofi ist Einzelunternehmer, muss auf sich schauen." Das nächste Service kommt bestimmt. "Hoffentlich nach vielen Erfolgen und Kilometern." (Christian Hackl, 13.4.2017)