Ronnie O’Sullivan steht im Achtelfinale und liegt weiter im Clinch mit dem Weltverband.

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Sheffield – "Ich bin zu alt, um mich herumschubsen zu lassen." Dieser Satz, gesprochen von Ronnie O’Sullivan auf der Pressekonferenz Sonntag Abend, bezog sich nicht auf sein Erstrundenmatch bei der diesjährigen Snooker-WM. Er fasst die zweite Session von O’Sullivans Partie gegen Gary Wilson aber trotzdem nicht übel zusammen.

Außenseiter Wilson hatte bereits in der am Samstag gespielten ersten Session des Matches überraschend stark dagegengehalten. Auch im sonntäglichen zweiten Teil zeigt der 31-jährige ehemalige Taxifahrer aus Wallsend keinen Respekt vor großen Namen: Beim Stand von 6-4 für O’Sullivan schafft Wilson mit seinem ersten Century-Break im Match den Anschlusstreffer.

O’Sullivan fängt sich

O’Sullivan wiederum wirkt immer wieder konsterniert, schneidet Grimassen und nimmt sich vor manchen seiner Stöße ungewöhnlich viel Bedenkzeit. Mit Fortdauer der Session kommt "The Rocket" allerdings immer besser in Schwung: Mit einem 124-Punkte-Break setzt er sich erneut von seinem Kontrahenten ab. Zwei weitere starke Frames führen zum 9-5 für O’Sullivan, der entschlossen scheint, sich von Wilsons Gegenwehr nicht weiter die Schneid abkaufen zu lassen.

Gary Wilson aber gibt sich noch keineswegs auf, zieht noch einmal bis auf 9-7 nach – und fast sieht es so aus, als ob sich die Dramaturgie der ersten Session wiederholen würde, in der O’Sullivan bereits 5-1 geführt hatte, bevor Wilson sich noch zum 5-4 an den fünffachen Weltmeister heranpirschte.

"The Rocket" teilt aus

Schließlich gewinnt O’Sullivan jedoch den spielentscheidenden Frame zum 10:7 und zieht, die Faust mehrmals triumphierend in die Luft stoßend, ins Achtelfinale des WM-Turniers ein. In der anschließenden Pressekonferenz teilt er gegen den Weltverband aus, dem O’Sullivan vorwirft, ihn einschüchtern und in die Enge treiben zu wollen.

Der Topstar des Snooker-Sports kündigt an, sich in Zukunft nicht mehr aus der Ruhe bringen zu lassen und stattdessen gegebenenfalls seine Anwälte einzuschalten. Hintergrund der Causa ist ein Brief des Snooker-Weltverbands, in dem O’Sullivan disziplinarische Maßnahmen wegen seiner als ungebührlich erachteten Statements im Rahmen einer Pressekonferenz beim Masters-Turnier im Jänner dieses Jahres angedroht worden waren.

I am Robot

Der Gescholtene hatte darauf in der Folge unter anderem damit reagiert, Fragen eines Reporters demonstrativ kreuzbrav und mit imitierter Roboterstimme zu beantworten, um dergestalt das seelenlose und überangepasste Verhalten zu persiflieren, das der Weltverband aus O’Sullivans Sicht von ihm verlangt.

Im Achtelfinale trifft das auch mit 41 Jahren noch aufmüpfige Snooker-Genie nun auf den Sieger der Partie zwischen Ex-Weltmeister Shaun "The Magician" Murphy aus England und Chinas erst 17-jährigem Wunderkind Yan Bingtao. Mit starkem Spiel sichert Murphy sich in der ersten Session einen Vorsprung von 6-3 und untermauert damit seine Favoritenstellung in diesem Match.

Debütanten, Ex-Weltmeister, "Psychos"

Parallel dazu fixiert Kyren Wilson mit einem 10-6 über WM-Debütant David Grace den Aufstieg in Runde zwei. Dort trifft er in jedem Fall auf einen Ex-Weltmeister: Im Duell zwischen Stuart Bingham und Peter Ebdon steht es nach der ersten Session 5-4 für Bingham. Der für sein langsames Spieltempo berüchtigte und manchmal mit dem Spitznamen "Psycho" versehene Ebdon, der vor 25 Jahren im Crucible Theatre debütierte, hält allerdings gut mit und ist dem Weltmeister von 2015 bisher ein ebenbürtiger Gegner.

Die größte Überraschung dieses Sonntags gibt es dann erst am Abend: Marco Fu aus Hongkong ist in seinem Match gegen Belgiens Luca Brecel zu Anfang völlig von der Rolle und liegt bald 0-5 in Rückstand. Das 2-7 zu Ende der Session stellt für den Semifinalisten der WM 2016 alles andere als eine gute Ausgangsposition dar.

Besser hat es da schon Mark Allen aus Nordirland: Die Nummer der 10 der Welt liegt gegen Qualifikant Jimmy Robertson bereits 2-4 zurück, schiebt sich am späten Abend zum Ende der Session aber noch mit 5-4 in Führung.

Am Ostermontag werden die unterbrochenen Partien fortgesetzt, zudem bestreiten Ding Junhui gegen Zhou Yuelong sowie John Higgins gegen Martin Gould jeweils die erste Session ihrer Erstrundenpartien. (Anatol Vitouch, 17.4.2017)