Trifft Ronnie O'Sullivan zum ersten Schlager der WM: Shaun Murphy.

Foto: imago/Xinhua/Han Yan

Sheffield – Es hatte nicht gut ausgesehen für Marco Fu. Mit 2-7 lag der Mann aus Hongkong gegen Luca Brecel nach Session eins zurück, nur drei gewonnene Frames fehlten dem Belgier somit zur ersten handfesten Überraschung dieser Snooker-WM.

Aber schon bald nachdem Fu an diesem Montag Abend an den Tisch tritt, wird klar: Für die zweite Session hat der Chinese doch noch sein bestes Snooker eingepackt. Brecel hingegen scheint den Druck zu spüren, macht Fehler, die ihm am Vortag nicht unterlaufen sind. Oder ist es einfach die jetzt druckvollere Spielweise Fus, die seinen Gegner in die Defensive zwingt?

Auf Messers Schneide

In jedem Fall zeigt Fu, warum er vor dem Match als klarer Favorit gegolten hatte. Die Nummer 8 der Weltrangliste startet eine beeindruckende Aufholjagd. Als es nach mehreren Stunden Spielzeit 8-8 unentschieden steht, hat Brecel in dieser Abendsession erst einen einzigen Frame, Fu hingegen schon deren sechs gewonnen.

Nachdem Brecel noch einmal mit 9-8 in Führung geht und Fu postwendend ausgleicht, ist es schließlich so weit: Der erste Decider dieser WM steht an, das Match muss im 19. und letzten Frame entschieden werden. Insbesondere Luca Brecel steht die Anspannung zu diesem Zeitpunkt ins Gesicht geschrieben.

Fu übernimmt im letzten Frame ein weiteres Mal die Initiative, wirkt ruhiger als sein Kontrahent und setzt mit einem über Vorbande gelochten roten Ball ein Ausrufezeichen. Am Ende entscheidet er den Frame deutlich für sich und schafft damit doch noch den Schritt ins Achtelfinale.

Favoriten unter Druck

Und noch ein weiterer Mitfavorit plagt sich an diesem Ostermontag mehr, als ihm lieb ist. Shaun Murphy kann seine 6-3 Führung aus der ersten Session zwar zunächst zum 9-5 ausbauen. Dann aber wird sein erst 17-jähriger chinesischer Gegner, Yan Bingtao, mit jedem Frame stärker und rückt bis auf 8-9 heran. "The Magician" Shaun Murphy entscheidet den 18. Frame schließlich nicht ganz unglücklich für sich und erreicht somit ohne die Nervenschlacht eines Deciders die Runde der letzten 16 – wo ihn Ronnie O’Sullivan zum ersten Schlagerspiel dieser WM erwarten wird.

Ebenfalls äußerst knapp verläuft das Match zwischen Mark Allen und Jimmy Robertson. Hier gelingt es keinem der Spieler, in Session zwei jemals mehr als einen Frame Vorsprung herauszuholen. Erst mit dem Framegewinn zum 10-8 kann der favorisierte Allen einen Decider abwenden und in die zweite Runde einziehen.

Ebdon out

Im Achtelfinale steht auch der Weltmeister des Jahres 2015, Stuart Bingham. In einem spannenden und auf hohem taktischen Niveau geführten Duell setzt sich Bingham letztlich mit 10-5 gegen Peter Ebdon durch und wird in Runde zwei auf Kyren Wilson treffen. Ebdon, den im zarten Alter von 46 Jahren bereits die Aura des gesetzten älteren Herren umgibt, ist für Bingham dabei über weite Strecken unangenehmer, als im Ergebnis zum Ausdruck kommt. Der Weltmeister des Jahres 2002, dem seine Farbenblindheit am Snookertisch mitunter Schwierigkeiten bereitet, erweist sich in den entscheidenden Momenten des Matches jedoch als zu unkonstant.

Die Mitvaforiten John Higgins und Ding Junhui wiederum entscheiden die ersten Sessions ihrer Partien gegen Martin Gould und Zhou Yuelong jeweils deutlich mit 7-2 für sich. Beide verfügen damit über beste Chancen, ebenfalls das Achtelfinale zu erreichen. (Anatol Vitouch, 18.4. 2017)