Frauke Petry steht nicht als Spitzenkandidatin der AfD zur Verfügung.

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Berlin – Nach einem monatelangen Machtkampf in der Führung der rechtspopulistischen AfD verzichtet Parteichefin Frauke Petry überraschend auf die Spitzenkandidatur für die deutsche Bundestagswahl im September.

Petry erklärte in einer am Mittwoch verbreiteten Videobotschaft, dass sie "weder für eine alleinige Spitzenkandidatur noch für eine Beteiligung in einem Spitzenteam zur Verfügung stehe". Zur Begründung sagte sie, es sei ihr wichtig, dass ihre Partei drängende Sachfragen unabhängig von Personalfragen diskutiere. Die große Mehrheit ihrer Parteifreunde traf Petrys Entscheidung unvorbereitet.

Die Parteivorsitzende beklagte in ihrer Videobotschaft, die AfD leide seit Herbst 2015 darunter, dass es keine gemeinsame Strategie gebe. "So ist das Außenbild der AfD immer wieder durch die unabgestimmte – also für die Parteiführung völlig überraschende – maximale Provokation weniger Repräsentanten geprägt."

Dies habe einen Teil der bürgerliche Wähler verschreckt und dazu geführt, dass das Wählerpotenzial der AfD zuletzt deutlich geschrumpft sei. Während dieses im Herbst 2015 noch bei bis zu 30 Prozent gelegen habe, liege es aktuell nur noch bei 14 Prozent.

Die erst 2013 gegründete AfD ist in 11 von 16 deutschen Länderparlamenten vertreten. Ihr besten Ergebnisse erzielte sie in Ostdeutschland, wo sie in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern voriges Jahr mit jeweils über 20 Prozent zweitstärkste Partei wurde. Sie hat auch gute Chancen, am 24. September in den Bundestag einzuziehen – sollte sie sich nicht vorher spalten.

Richtungsentscheidung

Petry hatte vor zwei Wochen einen "Sachantrag zur politischen Ausrichtung der AfD" formuliert, den sie auf dem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Köln zur Abstimmung stellen will. Darin wirbt sie für den "realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei", die in den kommenden Jahren in der Lage sein sollte, koalitionsfähig zu werden. Auf dem Parteitag soll auch die Frage der Spitzenkandidatur entschieden werden.

Dass Petry in ihrem Antrag gleichzeitig eine Abkehr von der "fundamentaloppositionellen Strategie" fordert und in diesem Zusammenhang den Namen von Parteivize Alexander Gauland erwähnt hat, haben ihr einige Vertreter des rechtsnationalen Flügels sehr übel genommen.

Sie warfen Petry zudem vor, sie habe die Strategie-Debatte nur angezettelt, um ihre Chancen, Spitzenkandidatin zu werden, zu verbessern. Diesem Vorwurf wollte Petry mit ihrem Verzicht nun entgegentreten. Außerdem deutete sie in ihrer Videobotschaft an, sie sei bereit, einige umstrittene Passagen ihres Antrags zu verändern.

Parteitag am Samstag

Die AfD will auf dem zweitägigen Parteitag, der am Samstag beginnt, auch ihr Programm für die Bundestagswahl verabschieden. In ihrem Leitantrag zum Wahlprogramm fordert sie ein Kopftuchverbot in Bildungseinrichtungen, eine Entlastung kinderreicher Familien bei Steuer und Rente sowie die Ausbürgerung krimineller Deutscher mit Migrationshintergrund.

Tausende AfD-Gegner aus dem zumeist linken politischen Spektrum wollen am Samstag in Köln gegen den Parteitag demonstrieren. Auch die Kirchen wollen sich an den Protesten beteiligen. (APA, 19.4.2017)