Bruno Kreiskys private Telefonnummer stand im Telefonbuch. Wenn man in der Früh in der Villa in der Armbrustergasse anrief, war zuerst ein Leibwächter oder eine Mitarbeiterin am Rohr, die dann je nach Ernsthaftigkeit des Anrufers den Hörer an den Bundeskanzler überreichten. So wurde mancher Bürger seinen Ärger über die vollen Mistkübel im Gemeindebau direkt beim Kanzler los, und der beliebteste österreichische Sozialdemokrat aller Zeiten vernahm die Stimme des Volkes – oder halt eine Variante davon.

Christian Kern, der vor fast einem Jahr Bundeskanzler wurde, will auch näher "an die Menschen da draußen" heran und verkleidet sich daher als Pizzabote. Ein Video auf seiner Facebook-Seite zeigt ihn, wie er an glaubwürdig verblüffte Menschen die bestellte Pizza ausliefert und sie dabei über ihre Meinung zur Politik befragt. Ungeklärt bleibt, ob ein Fahrrad oder sein Dienstauto unten steht. Wenigstens hat es Trinkgeld gegeben. Jedenfalls: Soweit man im Video sieht, hat Christian Kern bei seiner Tour in einer Großsiedlung offenbar das Glück gehabt, nicht einem Exemplar des Homo querulans austriacensis zu begegnen.

Der SPÖ-Sekretär erklärt, das sei Teil des "Kampfes um die Mittelschicht". Wenn das aus irgendeinem Grund nix wird, ist jedenfalls die Basis für eine Reality-TV-Show mit Kern im Privatfernsehen gelegt. Titelvorschlag: "Pizza populista". (Hans Rauscher, 19.4.2017)