Wann ist eigentlich der Toast Hawaii von den Speisekarten gutbürgerlicher Gasthäuser verschwunden? Schließlich hat die mit Dosenananas belegte Weißbrotscheibe einen Hauch Exotik in manch verrauchte Tschumsen gezaubert und vom obligatorischen Nussautomaten und dem mit Schlagern befüllten Wurlitzer abgelenkt. Zumindest der Schinken-Käse-Toast hat es aber geschafft, selbst in der kleinsten Bahnhofsrestauration seit Jahren auf der "Karte" zu stehen.

Ob man den dort essen will, bleibt jedem selbst überlassen. Dass Toast mehr sein kann als zwei möglichst lang haltbare Toastbrotscheiben, die mit billigem Pressschinken und noch länger haltbarem Schmelzkäse belegt werden, wollen Nikolai Kölbl und Manuel Vogler (Ersterer betreibt unter anderem die Weinschenke) in der Wiener Praterstraße zeigen.

"Der Hawara": Weißbier-Schopfbraten vom Mangalitzaschwein, süß-saures Weißkraut mit Liebstöckl, geräucherter Gouda, gekochtes Ei & Dijonnaise-Sauce (8,50 Euro).
Foto: Alex Stranig

Seit kurzem servieren sie Toastvariationen, die so gar nichts mit dem zu tun haben, was sonst serviert wird, wenn man Toast bestellt. Mit dem Standort haben sie schon einmal alles richtig gemacht. Mochi, O.M.K., Café Ansari und Ramasuri befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Ob sie beim Lokalnamen (Bunter Hund) einen ebenso guten Riecher hatten, darf diskutiert werden. Diesen teilen sie sich nämlich mit einem Geschäft für Hundebedarf in Perchtoldsdorf.

Chef's Table

Betritt man die Toasterei, weiß man aber sofort, wo man ist und isst. In der Mitte des Lokals thront eine riesige Theke gleich neben der Küche, dem Lager und dem Getränkekühlschrank. In den Regalen stehen Gläser mit allerlei Eingelegtem. Aus den Boxen dröhnt lauter Hip-Hop. Das ist wohl die moderne Interpretation des Chef's Table.

Man schaut dem Koch nicht nur über die Schulter, man steht quasi neben ihm, während er den ersten Toast mit dem Namen "Der Hawara" zubereitet. Dem kapitalen Snack, der am Holzbrett serviert wird, stellt man eingelegte Gurken und rote Rüben zur Seite. Gefüllt ist er mit Mangalitza-Weißbier-Schopfbraten vom Fleischer Hödl. Süß-saures Weißkraut mit Liebstöckl, geräucherter Gouda und Ei verschmelzen mit dem hauchdünn aufgeschnittenen Schopf zu einem Geschmacksfest im Mund.

"Shlomo": Roastbeef à la Pastrami, Bergkäse, zweierlei marinierter Rettich, rote Zwiebeln, italienischer Salatmix & Trüffelmayonnaise (9,50 Euro).
Foto: Alex Stranig

Jene Variante mit Roastbeef, mariniertem Rettich und roten Zwiebeln kann es locker mit den meisten Pastrami-Sandwiches aufnehmen. Der geschmolzene Bergkäse sorgt für Umaminoten. Auch Vegetarier werden hier fündig und müssen nicht nur Käsetoast essen, wenngleich Taleggio die Grundlage des italienisch inspirierten vegetarischen Toasts bildet.

Marinierter grüner Spargel und Rotweinfeigen gesellen sich zum fetten Weichkäse und bekommen dank Orangen-Tomaten-Chutney Frische eingehaucht. Das dazu servierte Hagebutten-Chili-Ketchup ist eine willkommene Alternative zum Tubenprodukt.

"Adriano": Taleggiokäse, marinierter grüner Spargel, Rotwein-Feigen, Orangen-Tomaten-Chutney, italienischer Salatmix & Hagebutten-Chili-Ketchup (7,50 Euro).
Foto: Alex Stranig

Der veganen Variante haben hingegen die anderen Toasts längst die Show gestohlen. Räuchertofu in pikanter Safran-Tomaten-Sauce und geschmortes Gemüse ist eh nett, kann mit den Aromen des geschmolzenen Käses aber nicht mithalten. Daran ändert auch das dazu gereichte Erbsenmus wenig.

Im Vergleich zu so manch veganem Burger, der in der Stadt feilgeboten wird, hat der Toast für Tierproduktverweigerer die Nase aber immer noch vorn. Wie es aussieht, wird man "Bunter Hund" demnächst eher mit großartigem Toast als mit Leckerlis für den Vierbeiner assoziieren. (Alex Stranig, 25.4.2017)

Update: 25.4. 16.00: Die ursprünglich im Text erwähnte Tierbedarfshandlung "Bunter Hund" im siebten Bezirk wurde mittlerweile von Dogstyler übernommen.

Foto: Alex Stranig

Toasterei Bunter Hund
Praterstraße 11
1020 Wien
Website

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