Ob Neubauten nach einer gewissen Zeit der freien Mietzinsvereinbarung unter eine Mietpreisgrenze fallen sollen oder nicht, ist seit Jahren ein zwischen SPÖ und ÖVP höchst umstrittenes Thema.

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Hans Singer: "Preisgrenze wäre kontraproduktiv."

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ÖVP-Wohnbausprecher Hans Singer, seit kurzem auch Präsident des ÖVP-nahen Mieterbunds, kann sich ein neues Mietrecht nach deutschem Vorbild vorstellen. Dass die SPÖ zuletzt immer wieder vorpreschte, ärgert ihn.

STANDARD: Der Mieterbund (ÖMB) heißt eigentlich Mieter- und Wohnungseigentümerbund. Wieviele Ihrer Mitglieder sind denn Mieter, und wieviele Eigentümer? Und wieviele Mitglieder hat der ÖMB insgesamt?

Singer: Der Mieterbund hat rund 5000 Mitglieder, wobei die genaue Aufteilung zwischen Mietern und Eigentümern österreichweit nicht erhoben wurde.

STANDARD: Als VP-Wohnbausprecher betonen Sie jedenfalls stets, dass Ihnen das Eigentum und dessen Schaffung ein wichtiges Anliegen ist. Gilt das auch für Ihre ÖMB-Präsidentschaft?

Singer: Ich habe mit den Landesorganisationen ausgemacht, dass ich mir vor Ort die Lage anschaue und erst danach einen Zielkatalog formulieren werde. Ich bin ja grundsätzlich Förderalist, deshalb ist es mir wichtig, die Länder einzubinden.

STANDARD: Der Föderalist in Ihnen geht aber nicht soweit, zu sagen, auch das Mietrecht soll verländert werden, oder?

Singer: Absolut nicht. Ich bin auch kein Freund von neun Bauordnungen oder neun Jugendschutzgesetzen. Grundsätzliche Gedanken sollen auf Bundesebene angestellt werden, und wenn‘s in einzelnen Bereichen notwendig ist, dann sollen auf Landesebene zusätzliche Bestimmungen geschaffen werden.

STANDARD: In letzter Zeit sprechen Sie oft vom "Mietadel", also langjährigen Mietern, die geringe Mieten zahlen und diese billigen Wohnungen sozusagen von Generation zu Generation weitergeben. Hören Sie aus dem Mieterbund, dass das so ein großes Problem ist?

Singer: Wir haben auf der einen Seite junge Familien, die es schwer haben, leistbare Wohnungen zu finden. Auf der anderen Seite gibt es günstige Wohnungen, die weitergegeben werden, manchmal über mehrere Generationen. Klarstellen will ich hier: Es geht nicht darum, die Kinder von den Eintrittsmöglichkeiten einzuschränken. Es geht aber darum, darüber hinaus Einschränkungen zu machen. Die Preisbildung kann man entsprechend anpassen – damit es auch möglich wird, Sanierungen vorzunehmen. Um letztlich die Wohnqualität zu erhalten.

STANDARD: Beim "Mietadel" weist man in der Arbeiterkammer etwas spöttisch darauf hin, dass die "Familienpartei ÖVP" da offenbar vorhat, den Familien ihre "Familienwohnungen" wegzunehmen.

Singer: Da muss man jetzt aufpassen: Wir wollen die Eintrittsrechte ja nicht für die ganze Familie verändern, sondern wir legen ganz klar fest, dass es etwa für Ehegatten, Lebensgefährten, eingetragene Partner und Kinder bis zum 24. Lebensjahr klar geregelte Eintrittsrechte gibt. Der Vorschlag ist abgestimmt auf die Familienbeihilfe.

STANDARD: Ist das mit der SPÖ schon akkordiert?

Singer: Die SPÖ kennt das, ja. Wir streben ein Gesamtpaket an, eine Gesamtlösung. Zu einzelnen Punkten will ich – und da bitte ich um Verständnis – nicht Teilabstimmungen bekanntgeben.

STANDARD: Die SPÖ hat im Vorjahr genau das gemacht – waren Sie sauer?

Singer: Ja. Ganz klar. Schauen Sie, das Thema Mietrecht ist ein sehr ideologisches. Mein Ziel ist es, zu einem Ergebnis zu kommen. Solche Äußerungen und Bekanntmachungen dienen nicht dazu, zu Lösungen zu kommen, und vor allem auch nicht dazu, zeitnah zu Lösungen zu kommen.

STANDARD: Jetzt ist aber auch SPÖ-Minister Drozda mit einem 7-Punkte-Programm vorgeprescht. Teil davon ist die Vereinheitlichung des Mietrechts für sämtliche Mietverträge. Die SPÖ hat bei Neubauten einen "wirtschaftsliberalen Korridor" von 20 Jahren oder auch ein wenig länger vorgeschlagen. Für Sie kommt das aber offenbar nicht in Frage?

Singer: Da muss man sich anschauen, was mit der Vereinheitlichung gemeint ist. Alle Bereiche des Wohnens mit einbinden? Da geht die SPÖ davon aus, dass alles unter das von ihr vorgeschlagene Regime mit der Preisdeckelung kommt. Wir haben aber einen anderen Zugang: Wir können uns diese Obergrenze nicht vorstellen. Warum? Man sieht auch an Frankreich oder Schweden, dass weniger Wohnungen gebaut werden, wenn es eine Preisgrenze gibt. Das wäre kontraproduktiv hinsichtlich des Gedankens, leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Am Ende des Tages verteuert sich der Wohnungsmarkt nämlich, weil es zu einer Verknappung kommt.

STANDARD: Stört es sie eigentlich sehr, dass es mehrere parallel existierende Mietrechts-Regime gibt?

Singer: Ja, ich würde mir auch ein neues Mietrecht wünschen. Die vielen Bestimmungen sind teilweise für die Betroffenen schwer nachvollziehbar. Es ist mein persönlicher Wunsch, neue Regelungen zu schaffen, die zumindest einmal den Anspruch haben, dass sie klar und nachvollziehbar sind.

STANDARD: Was halten Sie in diesem Zusammenhang vom deutschen Mietpreissystem mit amtlichen Preisspiegeln für die größeren Städte?

Singer: Ich war sehr überrascht, dass sogar die Grünen kürzlich im Parlament deutsche Städte als vorbildhaft genannt haben. Wir haben unserem Koalitionspartner bereits ein modifiziertes – auf unsere Verhältnisse angepasstes – deutsches Mietrechtssystem angeboten. Also ja, für uns wäre das grundsätzlich ein gangbarer Weg. (22.4.2017)