Noch gibt es kein konkretes Gesetzesvorhaben, das auf dem Tisch liegt. Doch in den vergangenen Monaten haben die Republikaner im US-Kongress und Präsident Donald Trump deutlich gemacht, wohin die Reise gehen soll. Die Steuern in den USA sollen sinken.

Neben den Bürgern möchte die Grand Old Party auch Unternehmen entlasten. Während der kommenden Wochen soll eine Reform ausverhandelt werden. Die Unternehmenssteuern liegen in den USA auf dem Papier bei 35 Prozent. Das ist einer der höchsten Werte unter Industrieländern. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, schlägt stattdessen 20 Prozent vor. Andere Republikaner halten 25 Prozent für realistischer.

Grafik: DER STANDARD

Weltweite Konsequenzen

Sollten diese Pläne umgesetzt werden, dürfte das global weitreichende Konsequenzen haben. Davon gehen Steuerexperten des Internationalen Währungsfonds und des Peterson Institute for International Economics, eines Thinktanks in Washington, aus.

Der Ökonom Gary Hufbauer erwartet etwa eine "gewaltige" Kettenreaktion, wie er im STANDARD-Gespräch sagt. "Die USA würden für Investoren deutlich attraktiver werden", sagt Hufbauer, der am Peterson Institute forscht. Mit einem Steuersatz von 20 Prozent würde für Unternehmen in den USA ein niedrigerer Steuersatz gelten als für Konzerne in Japan und in China. Auch viele europäische Länder würden die Vereinigten Staaten unterbieten. "Damit Unternehmer nicht abwandern, müssten Länder nachziehen", so Hufbauer. Einen Wettbewerb bei Gewinnsteuern nach unten wäre wahrscheinlich.

Die Einschätzung des Ökonomen beruht auf Erfahrungswerten. 1986 senkten die USA ihre Unternehmenssteuer von 50 Prozent auf 35 Prozent. "Als Folge haben alle Industriestaaten nachgezogen", so Hufbauer.

Schnellere Abschreibungen

Diese Einschätzung teilen auch Experten beim Währungsfonds. Die USA sind der weltweit größte Kapital Exporteur und Importeur. Eine Reform würde Spuren hinterlassen und könnte dazu führen, dass es weltweit zu Umgestaltungen in Steuersystemen kommt, heißt es in einem neuen Forschungspapier des Fonds.

Die Republikaner wollen nicht nur die Steuerhöhe anpassen. Eine Idee ist, dass Unternehmen ihre Investitionen in Maschinen und Fabriken künftig auf einen Schlag steuerlich abschreiben dürfen. Derzeit müssen sie das so wie in Österreich über Jahre verteilt machen. Die Idee: Eine Abschreibung mit einem Schlag soll Investitionen ankurbeln.

Grundlegende Reform

Eine Debatte gibt es in Washington zudem darüber, das System grundlegend zu verändern, wie im Ausland erwirtschaftete Gewinne behandelt werden sollen. Für US-Konzerne, egal, ob sie im Ausland oder in den USA tätig sind, gilt, dass sie immer mit dem gleichen Niveau besteuert werden. Ein Beispiel: Ein New Yorker Konzern in Österreich macht eine Million Euro Gewinn und bezahlt die 25-prozentige Körperschaftssteuer. Zahlt das Unternehmern den restlichen Gewinn an die New Yorker Mutter aus, wird der Betrag nachversteuert, um die 35 Prozent zu erreichen.

US-Präsident Trump will die Unternehmenssteuern senken und umgekehrt Importe verteuern.
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In Europa hingegen werden Dividenden bei Ausschüttungen in ein anderes EU-Mitgliedsland nicht mehr nacherfasst, sagt der Wiener Steuerexperte Gottfried Schellmann.

Die US-Regeln führen dazu, dass viele Unternehmen ihre Gewinne im Ausland belassen, um Abzügen zu entgehen. Diese Summe steht aktuell bei 2,3 Billionen Dollar (2,1 Billionen Euro). Die Republikaner erwägen, das System nach europäischem Modell zu ändern und Gewinne im Ausland nicht mehr zu erfassen. Für die 2,3 Billionen Dollar könnte es eine einmalige Nachzahlung geben.

Der Ökonom Hufbauer geht davon aus, dass es eine Einigung in Washington geben wird und zumindest die 35 Prozent gekippt werden. Die Republikaner halten die Mehrheit im Kongress und kontrollieren das Weiße Haus. "Sie haben jetzt eine Gelegenheit zu handeln, die sie schon sehr lange nicht mehr hatten." Hufbauer geht davon aus, dass die Steuersenkung finanziert wird, indem die USA ihren Schuldenberg drastisch erhöhen.

Importsteuer "politisch tot"

Die Republikaner wollten die Steuersenkung gegenfinanzieren, indem sie eine 20-prozentige Abgabe auf Importe einführen. Dieses unter dem Namen Boarder Adjustment Tax diskutierte Vorhaben sei aber politisch tot, so Hufbauer. Eine Importsteuer würde den Konsum verteuern. Trump wolle das seinen Wählern nicht zumuten.

Der Ökonom hält eine Steuersenkung in den USA übrigens für eine gute Sache. Die Belastung der Unternehmen sei zu hoch, die Abgaben zu drücken würde Investitionen ankurbeln und dafür sorgen, dass mehr Jobs geschaffen werden. "Anders ist Wachstum derzeit nicht anzuheizen", so Hufbauer. Andere Experten argumentieren, dass die hohe vorgeschriebene Quote von 35 Prozent in den USA ohnehin nur wenige Unternehmern wirklich bezahlen. Hohe Abzugsmöglichkeiten und die Praxis, Gewinne im Ausland zu belassen, würden dazu führen, dass die effektive Steuerlast von großen US-Firmen eher um die 13 Prozent liege. (András Szigetvari aus Washington, 21.4.2017)