AfD-Vizechef Alexander Gauland (links) zeigt sich gegenüber der von AfD-Chefin Frauke Petry favorisierten Linie kompromissbereit. Björn Höcke (rechts) reist gar nicht erst von Thüringen zum Parteitag.

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Ein Problem ist schon einmal gelöst. Björn Höcke, der umstrittene AfD-Chef von Thüringen, wird am Wochenende nicht nach Köln zum Parteitag kommen. "Ich möchte nicht Anlass dafür sein, zu polarisieren", sagt er. Eine Teilnahme an der Veranstaltung wäre ohnehin schwer möglich gewesen. Das Maritim-Hotel, in dem der Parteitag stattfindet, hat Höcke nämlich Hausverbot erteilt.

Und da ist ja auch noch das Parteiausschlussverfahren, das gegen Höcke läuft. Initiiert wurde es von AfD-Chefin Frauke Petry. Höckes Auftritt in Köln wäre wohl als Showdown zwischen den beiden ausgelegt worden. Doch auch wenn der Thüringer dem Parteitag zur Vorbereitung der Bundestagswahl fernbleibt, gibt es noch genug Aufregerthemen.

So hat Petrys Ankündigung, auf die Spitzenkandidatur zu verzichten – sowohl die alleinige als auch eine in der Teamlösung –, ihre Parteikollegen kalt erwischt. Ihr Co-Chef Jörg Meuthen war nicht vorab informiert worden.

Doch am Tag nach Petrys Ankündigung, also am Donnerstag, war man in der AfD bemüht, die Wogen zu glätten. Vizechef Alexander Gauland machte einen Schritt auf Petry zu und signalisierte im Berliner "Tagesspiegel" Kompromissbereitschaft bezüglich Petrys umstrittenen "Zukunftsantrags".

Petry will auf dem Parteitag die rund 600 Delegierten darauf einschwören. Sie sollen ihre Zustimmung zu einem "realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei" geben und sich von der "fundamentaloppositionellen Strategie", als deren Vertreter Petry Gauland benennt, abwenden.

Zustimmung zum "Unsinn"

"Ich halte den Antrag nach wie vor für Unsinn. Aber wenn mein Name da rauskommt, kann man dem Antrag zustimmen", sagt Gauland nun. Außerdem wünscht er sich, dass Petry trotz ihres Verzichts auf die Spitzenkandidatur "im Wahlkampf auftritt und präsent ist". Der baden-württembergische Landessprecher Marc Jongen betont: "Ich hoffe, dass der Parteitag seinen einigenden Effekt hat."

Doch Petry denkt offenbar auch schon an die weitere Zukunft – für den Fall, dass sie am Wochenende die Partei nicht auf ihre Linie bringen kann. Das Berliner Recherchezentrum Correctiv berichtet, in diesem Falle wollen Petry und ihr Ehemann Marcus Pretzell, der in Nordrhein-Westfalen Landeschef ist, den Antrag stellen, dass alle strittigen Punkte erst auf einem Parteitag nach der Bundestagswahl (24. September) geklärt werden. Bis dahin soll dann ein Burgfrieden zwischen den "Realos" (Petry, Pretzell) und den Nationalkonservativen (Gauland, Höcke) gelten.

"Bundesweite CSU"

Ziel des Plans: Petry und Pretzell sind sich nicht sicher, ob sie für ihre Linie die Mehrheit haben oder im Fall einer Abstimmung nicht doch unterliegen. Sie wollen aber auf jeden Fall in den Bundestag. Sollte es bis zur Wahl im September nicht gelungen sein, die AfD auf einen realpolitischen Kurs zu zwingen und Höcke aus der Partei zu drängen, haben die Anhänger des Petry-Lagers dieses Szenario entworfen: Sie werden nach der Bundestagswahl mit ihren Abgeordneten die AfD-Fraktionen im Bundestag und in den Landtagen verlassen und eine neue Partei gründen – eine Art bundesweite CSU.

Ein Fehler von Parteigründer Bernd Lucke soll nämlich nicht wiederholt werden: Der hatte sich von der AfD ohne Mandate in Landtagen oder Bundestag abgewandt und eine neue Partei (Alfa) gegründet. Von dieser aber nimmt kaum wer Notiz.

Heiß hergehen dürfte es am Wochenende in Köln auch außerhalb des Parteitags. Die Polizei ist mit 4.000 Kräften im Einsatz, sie erwartet 50.000 Anti-AfD-Demonstranten, darunter mehrere hundert gewaltbereite Linksextreme. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.4.2017)