Kürzlich hatte ich meiner Klasse die Ehre, am Wiener Landesjugendsingen teilzunehmen. Unser Musiklehrer, fanatischer Leiter eines "singwütigen" Chores an einer Wiener Schule, war der Meinung, dass wir so gut singen würden wie keine Klasse vorher und meldete uns für den Wettbewerb an. Drei Monate lang bereiteten wir uns schließlich darauf vor. Und es hat sich gelohnt. Nicht nur weil wir das Prädikat "Sehr Gut" erhielten. Abgesehen davon hatte die Singerei noch eine ganze Menge anderer Effekte.

In dieser Zeit wuchsen wir als Klasse eng zusammen. Wie oft hat man schon zu dreiundzwanzigst ein solches Projekt? (Stimmt, im regulären Schulalltag ohne ungemein engagierte Lehrer selten bis gar nicht.) Zudem brachte das Projekt Abwechslung in den Unterricht. Und wir arbeiteten härter als wäre etwa Jazzgeschichte Stundeninhalt gewesen. Es war ein Unterricht, wie wir ihn in den Schuljahren zuvor nie erlebt hatten. Später nannte man mir einen Fachbegriff dafür: Schwerpunktsetzung.

Singen sparen

In Gesprächen nach unserem Auftritt kristallisierte sich sehr schnell heraus, dass dieses Jugendsingen schon eine ziemlich coole Sache war. Dafür, dass die Veranstaltung schon fast 70 Jahre auf dem Buckel hat, hat sie Stil – aber überhaupt nicht verstaubt. Ich war nicht die einzige, die es schade fand, dass diese Veranstaltung nur alle vier Jahre stattfindet und wir als Klasse beim nächsten Mal bereits aus der Schule wären. Es kamen schon Gedanken an die Bildung eines Chores nach der Matura auf. Doch just der Musiklehrer musste uns einen Dämpfer versetzen. So genau weiß nämlich niemand, wann das Jugendsingen wieder veranstaltet wird. Denn da gibt es noch so einen Fachbegriff, den zwar niemand mag, der aber trotzdem oft fällt: Einsparungsmaßnahmen.

Liebes Österreich, bitte spare Geld und begleiche deine Schulden, denen man auf einer Website beim Wachsen zusehen kann. Aber bitte nicht hier. Denn das Jugendsingen ist nicht nur "was Nettes". Es lehrt eine Menge an Dingen, die im klassischen Schulalltag durch Abwesenheit glänzen. Teamgeistentwicklung etwa. Oder Erfahrungen, die man nur sammelt, wenn man über einen langen Zeitraum an einem Projekt und der Präsentation einer Arbeit vor Publikum arbeitet. Man sollte meinen, dass derartige Eigenschaften und Fähigkeiten bestmögliche Förderung erhalten, wird doch die Politik nicht müde zu sagen, dass die junge Generation die Zukunft ist und ordentliches Rüstzeug braucht. Und dann werden Aktivitäten eingespart, die das vermitteln. Dazu kann ich nur sagen "Applaus, Applaus". (Ursula Zaiser, 18.5.2017)