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Foto: REUTERS/Christian Hartmann

Also doch Le Pen. Nach einem bis zuletzt spannenden Wahlkampf hat es die Ultranationalistin in die Stichwahl gegen den Gemäßigten Emmanuel Macron geschafft. Auch wenn er dort bessere Chancen hat als sie: Allein der Umstand, dass die Front-National-Kandidatin harte, erfahrene Gegner wie François Fillon und Jean-Luc Mélenchon aus dem Rennen geworfen hat, muss nicht nur den etablierten, brutal eliminierten Parteien zur Rechten und Linken in Frankreich, sondern ganz Europa zu denken geben.

In dem nun folgenden zweiwöchigen Wahlkampf werden zwei Programmentwürfe aufeinanderprallen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier ein Proeuropäer aus der Pariser Elite mit einem eher vagen Programm und einem weltoffenen Ansatz, dort eine EU-Gegnerin, die sich als Außenseiterin des Systems gibt und die Grenzen für Immigranten und Freihandelsverträge schließen will. Ein "weicher" Mittepolitiker gegen eine "harte" Extremistin: Dazwischen klafft ein unüberwindbarer Graben, und selbst die französischen Wähler, die sonst These und Antithese so gut zu einer Synthese zu verschmelzen wissen, werden sich entscheiden müssen.

Macron ist dabei gewiss im Vorteil. Aber Frankreichs Wähler sind zu volatil, zu verunsichert und vor allem zu wütend, als dass man sich des Wahlausgangs sicher sein könnte.

Sicher ist nur, dass die von Charles de Gaulle 1958 gegründete Fünfte Republik in ihren Grundfesten erschüttert ist. Denn eines haben Macron und Le Pen gemein: Sie stehen außerhalb der beiden politischen Lager, die das politische Leben in Frankreich seit 60 Jahren untereinander ausgemacht haben. Die Konservativen und Sozialisten liegen am Boden. Die zwei so unterschiedlichen Wahlsieger haben sie vereint k. o. geschlagen. (Stefan Brändle, 23.4.2017)