Österreichische Bundespräsidenten haben sich in Ausübung ihrer Tätigkeit traditionell von der Sprachfigur der Ironie ferngehalten und waren damit gut beraten, auch wenn sie sich bei denen, die sie nicht auch unter entspannten Umständen kannten, damit oft den Ruf ärarischer Trockenheit zugezogen haben. Ein steifer Bürokrat in der Hofburg war einer nicht gerade zum Esprit tendierenden, weil vom Boulevard längst verblödeten Öffentlichkeit umso lieber, wenn er sich seinerseits zum Objekt jenes milden Spottes eignete, mit dem sich hierzulande der Untertanengeist seine Aufmüpfigkeit bestätigt.

Nun ist also Van der Bellen Opfer seines Selbstversuchs geworden, dort ironisch entschärfend einzugreifen, wo ein Stück Stoff jene Wogen der Hysterie über das Land schwappen lässt, aus denen die Strache-Truppe und die mit ihr verbündete Kronen Zeitung ihr politisches und geschäftliches Süppchen aufzukochen pflegen. Dass sie am heftigsten reagierten, war nicht weiter verwunderlich, galt es doch, die Gelegenheit zu nutzen, endlich den Rachefeldzug für die verlorene Bundespräsidentenwahl anzuleiern. In diesem Sinne hat der ideologische Hyperventilierer Herbert Kickl gewirkt, als er davon sprach, mit seinem "integrationspolitischen Amoklauf" habe der "Unabhängigste aller Unabhängigen seine Maske fallen lassen". Da troff der Geifer des frustrierten Verlierers.

Denn wahr ist das Gegenteil. Wenn Van der Bellen damit etwas bewiesen hat, dann seine Unabhängigkeit von den integrationspolitischen Amokläufern und dem engstirnigen parteipolitischen Hickhack, mit dem Gräben weiter aufgerissen statt zugeschüttet werden sollen. Eine Partei, die erst vor noch nicht allzu langer Zeit die Juden als Hassobjekt gegen die Moslems ausgetauscht hat, ist noch nicht so weit, dass sie – mit etwas mehr Berechtigung – gegen Van der Bellens Vergleich von kopftuchtragenden Musliminnen mit judensterntragenden Däninnen protestiert hätte. Das braucht noch eine Weile. Aber wenn sonst nichts, könnte sie wenigstens fordern, dass in die österreichischen Pässe von Menschen türkischer Herkunft ein "M" für Moslem gestempelt wird. – Das könnte jetzt auch als Ironie aufgefasst werden, aber wer weiß das schon so genau bei der einzigen Partei, die den Kampf gegen das Weltjudentum noch nicht ganz abgeschrieben, den Kampf gegen den Weltislamismus aber noch üben muss?

Der Bundespräsident war nicht der einzige hohe Funktionär der Republik, der dieser Tage sein Fett abbekam. Die Präsidentin des Rechnungshofes machte – ob als solche oder als engagierte Staatsbürgerin, blieb undeutlich – unter anderem den Vorschlag, die Legislaturperiode von fünf auf vier Jahre zu verkürzen, wobei sie bei den Vertretern der in ihrer Bequemlichkeit bedrohten Parteien Reaktionen hervorrief, die jeden Sinn für Ironie vermissen lassen. Sie möge gefälligst den ihr zugewiesenen Schrebergarten nicht verlassen und sich in Dinge einmischen, die nur die tiefe Weisheit der Betroffenen zu ergründen vermögen. Wenn es einem schon in gehobener Position so ergeht, kann man sich ausmalen, was Mandatare erst von der Meinung einfacher Wähler halten. (Günter Traxler, 27.4.2017)