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Shane Satterfield, der hier sein Informatik-Diplom in die Kamera hält, hat für sein Studium an der Everest University, einst einer der größen For-Profit-Colleges des Landes, Schulden von mehr als 30.000 Dollar angehäuft (rund 27.600 Euro). Einen gut bezahlten Job findet er trotzdem nicht.

Foto: AP / David Goldman

New York / Wien – Die Versprechen klingen gut, vor allem für Menschen in prekären oder mit gar keinen Jobs: Binnen kurzer Zeit in maßgeschneiderten Kursen zum Diplom und damit topausgebildet auf den Arbeitsmarkt. Dass höhere Bildung zu besseren Chancen führt, ist beinahe so etwas wie Common Sense. Für viele Hochschulen in den Vereinigten Staaten gelte diese Gleichung aber nicht, schreibt Tressie McMillan Cottom in ihrem aktuellen Buch Lower Ed: In den sogenannten For-Profit-Colleges werde vielmehr Gewinn damit erzielt, ärmeren Menschen mit leeren Versprechen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie gehören zu großen Konzern und müssen jedes Jahr Gewinn erzielen.

McMillan Cottom kennt das aus eigener Erfahrung, sie arbeitete an zwei solcher gewinnorientierten Unis und sollte so viele Menschen wie möglich zum Studium bewegen, auch wenn das Geld nicht ausreicht. Interessenten wurde dann geraten, sich Geld von der Familie zu leihen, sagt die heutige Soziologie-Professorin. Schnell sei klar gewesen, dass sie Menschen nicht hilft, ihre Chancen zu verbessern, sondern viele in einen finanziellen Teufelskreis geraten.

Gebrochene Versprechen

Trotz jahrelanger Kritik erweisen sich die Hochschulen großer Beliebtheit: Etwa zwei Millionen Studierende gibt es heute, in den frühen 2000er-Jahren waren es noch 400.000. Die Studentenschaft ist überdurchschnittlich weiblich und schwarz und schließt die Ausbildung mit viel höheren Schulden ab, als Studierende öffentlicher Unis – eine Vielzahl kann ihre Kredite überhaupt nicht zurückzahlen. Beinahe ironisch an der Situation: Für den Profit der Colleges sorgen die US-amerikanischen Steuerzahler, denn die Haupteinnahmequelle sind Studiengebühren und diese sind McMillan Cottom zufolge bei mehr als 95 Prozent der Studierenden durch staatliche Studentenkredite gedeckt.

Viele Studierende verlassen die wie Unternehmen geführten Unis nicht nur ohne Diplom – bis zum Abschluss würden nur etwa 30 bis 40 Prozent kommen – und mit einem Schuldenberg, sondern schaffen auch den in Broschüren versprochenen beruflichen Aufstieg nicht. Die Regierung unter Barack Obama erkannte dieses Problem und versuchte, falsche Versprechungen mit Regulierungen zu bekämpfen: Hochschulen, bei denen zu wenige Absolventen eine adäquate Beschäftigung finden, mussten mit Konsequenzen rechnen. Unter der "Truth in advertising"-Regelung wurde hingegen kontrolliert, was Studierenden alles in Aussicht gestellt wird.

Dass diese Unis dennoch gefragt bleiben, liegt vor allem daran, dass es in den USA keine Berufsausbildung wie etwa in Österreich gibt. Die auch als Career Colleges bekannten Unis springen hier ein und bieten eine Alternative zum klassischen Studium. "Früher waren Arbeitgeber für Weiterbildungen dieser Art zuständig, aber aus Kostengründen tun das nicht mehr viele", sagt McMillan Cottom in einem Radiointerview. Das Wachstum des Sektors sei eine logische Konsequenz zu den Entwicklungen am US-Arbeitsmarkt: Einen großen Boom erlebte die Branche erstmals 2009 und 2010, als Millionen ihren Arbeitsplatz verloren und versuchten, durch Umschulung oder Weiterbildung ihre Chancen zu verbessern.

Bildung unter Trump

Dass wegen öffentlicher Kritik, Regulierungen und Untersuchungen durch den Senat For-Profit-Colleges künftig mit weniger Studierenden rechnen müssen, ist vor allem unter Präsident Donald Trump unwahrscheinlich. Im Kabinett der umstrittenen Bildungsministerin Betsy DeVos sitzt ein ehemaliger Anwalt der Bridgepoint Education Inc. – einem Eigentümer vieler For-Profit-Colleges. Ein anderer Mitarbeiter musste seinen Posten mittlerweile wieder verlassen – er war Lobbyist für diese Colleges. Seine eigene, gefloppte Trump-University falle übrigens nicht in die Kategorie der For-Profit-Colleges, sagt McMillan Cottom, sondern sei noch eine Stufe zynischer: Dort habe man nicht einmal so getan, als wolle man eine Bildungsstätte sein. Über Trumps Einstellung zu Bildung spreche dies Bände. (Lara Hagen, 2.5.2017)