Brigitte Schmidhuber ist ausgebildete Olivenölverkosterin und importiert reinsortige Olivenöle aus Italien.

Foto: Brigitte Schmidhuber / Casa Caria

STANDARD: Die Auswahl an Olivenölen ist enorm. Wie kann man schon am Etikett gutes von schlechtem Öl unterscheiden?

Brigitte Schmidhuber: Angaben auf Etiketten sind kein wirkliches Kriterium für gutes Olivenöl, ein paar Dinge kann man aber beachten: Zum Beispiel sollte in Österreich "natives Olivenöl extra" auf dem Etikett stehen. Das bezeichnet die höchste Handelsklasse. Auch die Rückverfolgbarkeit ist ein Thema. Daher sollte der Name des Produzenten auf dem Etikett stehen. Der Preis ist leider kein Garant für gutes Öl.

STANDARD: Ist die Bezeichnung "kaltgepresst" wichtig?

Schmidhuber: Diese Frage stellt sich nicht, weil die erwähnte Handelsklasse bereits voraussetzt, dass das Öl beim Pressen nicht mehr als 27 Grad erreicht. Das war vor 50 Jahren ein Thema. Heute ist dieser Zusatz auf dem Etikett obsolet. Werden die Oliven allerdings in der Sonne geerntet, haben sie bis zu 35 Grad. Daher haben manche Produzenten eine eigene Anlage, um die Oliven vor dem Pressen zu kühlen.

STANDARD: Immer wieder hört man, dass man Olivenöl nicht erhitzen soll.

Schmidhuber: Das stimmt so nicht. Gut gemachtes Olivenöl kann man sehr wohl erhitzen. Man kann sogar damit frittieren. Allerdings soll man es nur einmal verwenden. Im mediterranen Raum ist das Kochen mit Olivenöl ganz normal. Natürlich ist es auch hier wichtig, ein gutes Öl zu verwenden. Je weniger Antioxidantien, desto niedriger ist der Rauchpunkt. Das merkt man relativ schnell, wenn man es erhitzt und das Öl zu rauchen beginnt.

STANDARD: Wie verkostet man Olivenöl richtig?

Schmidhuber: Wichtig ist es, das Olivenöl ohne Brot zu verkosten. Man leert ein bisschen Öl in ein leicht angewärmtes Glas. Dann verteilt man etwas Öl im Mund. Nimmt man an den Seitenrändern der Zunge Bitterkeit wahr, ist es ein gutes Zeichen. Danach zieht man durch die Zähne Luft in den Mund. Dabei sollte im besten Fall Schärfe am Gaumengrund spürbar sein. Es kann auch ein leichter Hustenreiz entstehen. Das ist ebenfalls ein gutes Zeichen, weil es bedeutet, dass das Öl gesunde Antioxidantien beinhaltet. Defekte lassen sich aber schon beim Hineinriechen in das Glas feststellen.

STANDARD: Wie riechen Defekte?

Schmidhuber: Der häufigste Defekt ist Ranzigkeit. Das Öl riecht dann wie alte Erdnüsse. Es soll aber auch nicht nach Weinessig oder modrig wie ein alter Keller riechen. Auch Schlammigkeit ist ein Defekt. Dabei riecht das Öl wie nasse Erde.

STANDARD: Wonach soll es im besten Fall riechen?

Schmidhuber: Ein Indiz für gutes Öl ist, wenn es nach frisch geschnittenem Gras, nach Artischocken oder grünen Mandeln riecht. Es gibt auch Sorten, die nach Apfel riechen. Wenn man eines dieser Dinge riecht, ist man schon auf einem guten Weg.

STANDARD: Wie lange ist Olivenöl haltbar?

Schmidhuber: Gutes Olivenöl hält sich ungefähr eineinhalb Jahre. Gesetzlich beginnt das Ablaufdatum aber erst ab dem Zeitpunkt der Abfüllung. Es empfiehlt sich, das Öl zwischendurch zu kosten. Nur so weiß man, ob es noch gut ist.

STANDARD: Flasche oder Kanister?

Schmidhuber: Die Kanister haben den Vorteil, dass sie lichtgeschützt sind. Es handelt sich dabei um lebensmittelgeeichte Weißbleche. Sehr dunkle Glasflaschen sind aber auch völlig in Ordnung. Plastikflaschen hingegen sind wirklich schlecht. Das Öl löst aus dem Plastik gesundheitsschädliche Stoffe heraus. Auf keinen Fall sollte das Öl im Kühlschrank gelagert werden. (Alex Stranig, RONDO, 11.5.2017)