Große Koalitionen in der Mitte des politischen Spektrums bringen es mit sich, dass die Opposition ideologisch extrem heterogen ist. Sie tut sich daher auch schwer, eine singuläre programmatische Gegenoption zur Regierung anzubieten – vielmehr bewirbt sie eine Vielzahl an alternativen Perspektiven.

Zwar verlangt der politische Wettbewerb von allen Oppositionsparteien durch die Bank kritisches Auftreten gegenüber der Regierung, doch im parlamentarischen Alltag gibt es wichtige Schattierungen, die in der öffentlichen Auseinandersetzung oft verlorengehen.

Die erste Grafik zeigt etwa, welche Akteurspaarungen im Nationalrat in der laufenden Gesetzgebungsperiode wie oft übereinstimmend abgestimmt haben (basierend auf allen angenommenen Beschlüssen). Zu bedenken ist dabei, dass es auch viele wenig kontroverse Materien gibt, die dennoch behandelt werden müssen. Nicht umsonst sind mehr als ein Drittel der Beschlüsse (37 Prozent) bisher einstimmig gefallen.

Die FPÖ stimmt nur bei etwas mehr als der Hälfte aller Abstimmungen mit der Regierung, die Neos hingegen bei 70 Prozent. Dazwischen liegen Team Stronach (TS) und Grüne mit Werten um die zwei Drittel. Nicht alle Parteien legen ihre Oppositionsrolle also gleich an.

Auch zwischen den Oppositionsparteien gibt es unterschiedliche Übereinstimmungsraten: FPÖ und Team Stronach gehen bei 81 Prozent aller Beschlüsse konform (einige TS-Mandatare kommen ja aus dem freiheitlichen Lager), während Grün und Blau nur bei knapp zwei Dritteln aller Beschlüsse gleich abstimmen.

Neben der Einstimmigkeit (37 Prozent aller Beschlüsse) und dem glatten Regierungs-Oppositions-Split (13 Prozent) sind demgemäß die Abstimmungskoalitionen "Alle außer die FPÖ" (neun Prozent) und Rot-Schwarz-Grün-Pink (acht Prozent) die häufigsten Varianten. Nur in einer sehr geringen Zahl der Fälle (unter zwei Prozent) stimmt die FPÖ mit der Regierung gegen die anderen drei Oppositionsparteien.

Opposition ist also nicht gleich Opposition. Selbst wenn alle Oppositionsparteien in der Öffentlichkeit scharf gegen die Regierung auftreten, verrät uns ihr parlamentarisches Verhalten dennoch etwas über den Grad ihres politischen Pragmatismus beziehungsweise über ihre ideologische Distanz zur Regierungspolitik. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 8.5.2017)