Schlüsselübergabe: Cercle-Vorsitzender Frans Schotte und der neue starke Mann, Monaco-Vizepräsident Wadim Wasiljew.

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Brügge – Die AS Monaco hat die Mehrheitsanteile am belgischen Traditionsklub Cercle Brügge übernommen. Am Samstag besiegelten die Vereine in einer gemeinsamen Pressekonferenz die Übernahme durch den diesjährigen Champions-League-Halbfinalisten. Das 1899 gegründete Cercle ist dreifacher belgischer Landesmeister, doch die erfolgreichen Zeiten liegen lange zurück. Die Championnate datieren aus den Saisonen 1910–11, 1926–27 und 1929–30, der bislang letzte Titel gelang mit dem Cupsieg im Jahr 1985. 2015 mussten die Grün-Schwarzen in die zweite Liga absteigen.

Monaco-Vizepräsident Wadim Wasiljew, der in den neuen Verwaltungsrat von Cercle delegiert werden wird, erklärte, den schnellstmöglichen Aufstieg anzupeilen, fünf Millionen Euro will man zu diesem Zweck investieren. Außerdem sollen Talente des ASM zukünftig bei Cercle Spielpraxis sammeln. Über finanzielle Details der Übernahme wurde dagegen nichts bekannt.

"Wir heißen Monaco mit großer Dankbarkeit und viel Vertrauen willkommen", sagte Cercle-Vorsitzender Frans Schotte am Samstag. Kein Wunder, kämpft der 1899 gegründete Verein doch seit längerem mit finanziellen wie sportlichen Problemen. Am Vortag war die Zusammenarbeit mit den Monegassen einstimmig in den Gremien angenommen worden, verhandelt wurde bereits seit Dezember 2016. Schotte: "Wir freuen uns über diese Lösung und wollen zusammen einen neuen Weg einschlagen."

Qualitätsfrage

Eine Schlüsselfigur des Deals ist der Belgier Filips Dhondt. Der studierte Politikwissenschaftler ist seit 2012 General Manager bei Monaco, in den 1990er Jahren übte er diese Funktion bereits bei Cercle aus. "Wir haben in fünf Ländern sondiert und uns schließlich für Brügge entschieden. Ihr Projekt erschien uns als das beste, nicht zuletzt aufgrund der Geschichte und der Philosophie des Vereins", wird Dhondt in der Online-Ausgabe von "Het Laatste Nieuws" zitiert. Monaco wird sich zukünftig um die erste Mannschaft Cercles, sowie die finanziellen Belange kümmern.

Wasiljew meinte, man habe sich nicht zuletzt wegen der Qualität des belgischen Fußballs und dessen Nachwuchsarbeit für die Option Brügge entschieden. "Das ist ein historischer Klub in einer prachtvollen Stadt. Unser Ambitionen sind dieselben. Cercle war 78 Saisonen lang erstklassig, dorthin müssen wir so schnell als möglich wieder hin."

Und doch: Cercle verbrachte die längste Zeit seiner Existenz im Schatten des übermächtigen Lokalrivalen Club Brugge, mit dem man sich auch das Jan Breydelstadion teilt. 1997 verschwand der Klub für sechs lange Jahre in der Zweitklassigkeit, nach dem Wiederaufstieg 2003 konnte man sich über mehr als ein Jahrzehnt in der höchsten Liga etablieren. 2008 schaffte Cercle mit Rang vier gar die beste Platzierung in seiner Nachkriegsgeschichte. 2013 stand das Team noch einmal in Pokalfinale, 2015 folgte die Relegation.

Auch Pierre François, ein Vertreter der höchsten belgischen Liga namens "Pro League", war am Samstag in Brügge anwesend. "Monatelang haben wir die Vorteile des belgischen Fußball auseinandergesetzt", wird er bei sporza.be zitiert. "Letztlich fiel die Entscheidung für eine Mannschaft mit Geschichte aber schnell. Wir sind stolz, AS Monaco in Belgien begrüßen zu dürfen", so François weiter.

Russische Regie

In Monaco hat seit 2011 der russische Milliardär Dmitri Jewgenjewitsch Rybolowlew das Sagen. Er kontrolliert zwei Drittel der Anteile des Klubs und gibt den Präsidenten. Durch seine Finanzspritzen schafften die zu diesem Zeitpunkt am Boden liegenden Monegassen die Rückkehr in Frankreichs Ligue 1.

Rybolowlew war in der Vergangenheit in mehrere kontroversielle Vorgänge involviert. In den 1990er Jahren, als er sich in Russland als Geschäftsmann etablierte, kam Rybolowlew mit Größen aus kriminellen Kreisen in Kontakt. Der Vorwurf, Auftraggeber eines Mordes gewesen zu sein, löste sich nach Interventionen politischer Gönner in Luft auf. Sein Bergbau-Unternehmen Uralkali, 2010 veräußert, entpuppte sich als einer der größten Umweltsünder des Landes.

Ende 2016 wurde im Zuge des sogenannten Football-Leaks-Skandal bekannt, dass Rybolowlew, seit längerem im Besitz der zypriotischen Staatsbürgerschaft, zusammen mit dem portugiesischen Spielervermittler Jorge Mendes einen geheimen Investmentfonds unterhält, der Rechte an Spielern akquiriert. So konnte der 50-Jährige den Wert seiner eigenen Spieler mittels verbotenem Third Party Ownership vorteilhaft manipulieren.

Seit zwei Jahren fährt Monaco, der möglicherweise in Kürze achtfache französische Meister, eine neue Strategie. Anstatt wie zu Beginn der Ära Rybolowlew um Fantasiesummen Stars zusammenzukaufen, setzt man auf Jugend und Ausbildung. Die besten Talente sollen gewinnbringend veräußert werden. Das größte Juwel in Rybolowlew Kollektion ist derzeit unzweifelhaft Kylian Mbappé. Der 18-jährige Franzose wird bereits mit Real Madrid in Verbindung gebracht. (Michael Robausch – 6.5. 2017)