Das zerstörte Euthanasie-Mahnmal im Salzburger Kurgarten war nur der Gipfel zahlreicher rechtsradikaler Schmieraktionen in Salzburg. Die meisten Täter wurden bereits verurteilt.

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Salzburg – Die Schändung von NS-Mahnmalen und rechtsradikale Schmieraktionen ab 2014 in der Stadt Salzburg waren der Auslöser, Salzburgs Schüler zu ihrer Haltung zum Nationalsozialismus zu befragen. Die Studie zeigt, dass die Schüler ihr Wissen zum Holocaust und Nationalsozialismus überwiegend aus dem Geschichtsunterricht beziehen. Gefolgt von Spielfilmen, Internet und Dokumentationen. Erst dann werden die Eltern genannt. Am unwichtigsten sind Bücher.

"Der Unterricht ist viel wichtiger, als wir das bisher angenommen haben", sagt Studienleiter Christoph Kühberger, der Vizerektor der Pädagogischen Hochschule (PH) Salzburg. Das zeigt auch die konträre Einschätzung der befragten Lehrer. Sie gaben an, dass sie die Eltern und Freunde als wichtigste Wissensquelle zum Thema sehen. Kühberger begründet das mit einer Historisierung des Themas: "Zu Hause spricht man nicht mehr über den Holocaust, weil er zu weit vom Lebenszusammenhang weg ist."

Dürftiges Basiswissen

Abgefragt wurde auch Basiswissen zum Nationalsozialismus. Das Ergebnis ist ernüchternd: 64 Prozent der Schüler konnten nicht beantworten, was die "Reichskristallnacht" war. 41,7 Prozent beantworten falsch, von wann bis wann die Nationalsozialisten in Österreich an der Macht waren. Zumindest 64,6 Prozent wussten, wer die NSDAP war, und 79,5 Prozent, wer Adolf Hitler war.

Als "befremdlich" bezeichnet der Geschichtsdidaktiker die Ergebnisse zur Frage der Opferrolle Österreichs. Dem Argument, nachdem der "Anschluss" gegen den Willen der überwiegenden Mehrheit der Österreicher geschah, stimmten 42,9 Prozent der Schüler zu. Vier von zehn kreuzten an, Österreich sei ein Opfer der NS-Außenpolitik gewesen. "Die Opferthese geistert noch immer in den Schulen herum", sagt Kühberger. In den Schulbüchern werde ihr nicht explizit widersprochen. "Und Politiker vertreten sie noch immer ganz offen."

Schüler sind NS-Zeit nicht überdrüssig

Den oftmals angenommenen Überdruss der Schüler in Bezug zum Nationalsozialismus im Unterricht gibt es nicht wirklich. Nur 11,6 Prozent meinen, man beschäftige sich in der Schule zu viel mit dem Thema. 35,4 Prozent geben sogar an, sie wollten noch mehr über die Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich und Deutschland erfahren.

Die Stadt und die Pädagogische Hochschule Stefan Zweig haben die quantitative Befragung finanziert. "Die Erhebung ist repräsentativ für weite Teile urbaner Milieus", sagt Studienleiter Christoph Kühberg. Es wurden insgesamt 283 Schüler der vierten Klassen der Neuen Mittelschulen befragt. Das entspricht 38 Prozent aller NMS-Schüler in der Stadt Salzburg. 51,8 Prozent der Schüler haben Migrationshintergrund, also zumindest ein Elternteil ist im Ausland geboren. Parallel wurden 78 Prozent der Geschichtslehrer in den NMS der Stadt befragt.

Für Kühberger zeigen die Ergebnisse, dass die Lehrer viel Verantwortung haben, da der Unterricht der zentrale Ort der Wissensaneignung zum Thema Nationalsozialismus ist. Filme und Dokumentationen sollten kritisch in den Unterricht eingebaut werden. Zentral sei, sie auch zu besprechen und nicht nur abzuspielen. (Stefanie Ruep, 8.5.2017)