2018 wird es ein österreichisches Frauenvolksbegehren geben. Ich werde es unterstützen und mich mit einem Planerinnenvolksbegehren anschließen. Kaum eine andere Disziplin bildet Ungerechtigkeiten so präzise ab wie Stadtplanung und Architektur. 

Seit vielen Jahren nimmt die Zahl der weiblichen Architekturstudierenden an österreichischen Universitäten zu. Sie sind begabt und ambitioniert, absolvieren während des Studiums oft eine Baupraxis, sammeln Erfahrungen in Büros, schließen ihr Studium mit ausgezeichneten Masterarbeiten ab, und dann? Wo sind die erfolgreichen Architektinnen, die das Baugeschehen in Österreich bestimmen? Sie müssten längst in der Szene mitmischen.

Es gibt keine männliche oder weibliche Architektur, es gibt nur Klischees!
Foto: Christian Strecker, Kunstuniversität Linz

Wettbewerbe, Seilschaften und Machtansprüche

Kaum ein Wettbewerb der letzten Jahre wurde von einer Frau gewonnen. Architekturstudentinnen haben alle Eigenschaften, die nützlich sind, um sich qualitativ durchzusetzen, nur eine haben sie nicht: Sie sind keine Männer. Vor hundert Jahren studierte Margarete Schütte Lihotzky als erste Frau Österreichs Architektur. Bis heute ist sie Vorbild für Architektinnen und eine der wenigen, die in Architekturgeschichtebüchern neben Mies van der Rohe, Le Corbusier und den anderen Männern vorkommt.

Da wundert es nicht, dass man solchermaßen belehrt, die Haltung fortschreibt, dass Männer bessere Planer mit besserem technischem Verständnis und höherem Durchsetzungsvermögen sind. Solchen Meinungen muss man entschieden gegenübertreten, was Lehrende an Architekturfakultäten seit längerem tun.

Warum dennoch so wenig Frauen Architekturkarrieren machen, über die gesprochen wird? Weil Bauen mit Machtanspruch verknüpft ist. Es geht um Investition, Verantwortung und Selbstverwirklichung. Es wäre naiv zu meinen, dass nur Männer Macht gut finden. Sie liegt nicht in deren Natur, genauso wie es keine weibliche und keine männliche Architektur gibt. Aber es gibt Ausschließungsmechanismen, und die gilt es aufzubrechen.

Vive La Corbusier! 

Was wir tun können? Planerinnenkollektive gründen zum Beispiel, wie das in Großbritannien seit jeher Tradition hat, sich solidarisieren und organisieren. Ich würde zudem einen Fünfjahresplan vorschlagen à la Sozialismus, der neben allen Nachteilen, die er produzierte, die Gleichstellung von Frauen in allen Disziplinen voranstellte. Fünf Jahre lang werden alle Städtebauaufgaben und Entwicklungsstudien in Österreich an Frauen vergeben. Sie finden das ungerecht? Ich nicht. Sie fühlen sich diskriminiert? Ich mich auch, seit ich Architektur lehre und baue. 2018 wird das Jahr des Aufbegehrens, auch in der Architektur. Vive La Corbusier! (Sabine Pollak, 11.5.2017)

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