Rob Warner (sitzend) und Tom Öhler (springend) hatten sichtlich Spaß beim Videodreh in Innsbruck.

Foto: Lukas Pilz

Warner testete die Trails rund um Innsbruck, wo im Juni das Crankworx-Festival stattfinden wird.

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Ein Ort mit viel Potenzial, sagt Warner über Tirol. Aber es braucht nicht zwingend Berge, um ein guter Downhiller zu werden. Das beweist die Szene in Großbritannien.

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Tom Öhler und Rob Warner drehen derzeit für eine neue "How to"-Videoserie in Innsbruck.

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STANDARD: Ist deine Beziehung zu Österreich eine besondere? Immerhin hast du in Kaprun 1996 dein erstes Weltcuprennen gewonnen.

Warner: Es war nicht nur mein erster Sieg, sondern mein einziger. Ich wünschte, es wäre der erste gewesen, aber mehr kamen da nicht mehr. Ich bin heute immer wieder in Österreich, weil ich für Red Bull arbeite. Aber ich komme leider kaum dazu, auch einmal mit dem Bike in den Bergen unterwegs zu sein. So gesehen habe ich Österreich in meiner Zeit als aktiver Rennfahrer mehr genossen. Ehrlich gesagt habe ich gerade zum ersten Mal seit damals das Bike dabei.

STANDARD: Du bist nun einige Tage zum Drehen in Innsbruck. Was produziert ihr?

Warner: Wir machen ein klassisches "How to"-Video. Es geht um die grundlegenden Fertigkeiten, die man als Mountainbiker braucht, um Trails zu fahren. Und es ist gar nicht so einfach, das zu vermitteln. Tom Öhler ist als lokaler Fahrer und Trialexperte mit dabei. Die Serie wird zur Gänze hier in Innsbruck gedreht, ab Juli ist sie dann online zu sehen.

Rob Warner fährt seine Hometrails und erzählt von der technischen Entwicklung der Mountainbikes.
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STANDARD: Kaum jemand kennt den Downhill-Weltcup so gut wie du. In deiner aktiven Zeit warst du auch dafür bekannt, oft und gerne Partys zu feiern. Wie hat sich die Szene in den vergangenen 25 Jahren verändert?

Warner: Es ist heute ganz anders als früher, aber der Geist des Mountainbikens hat überlebt. Meine erste Weltmeisterschaft bin ich 1993 in Frankreich gefahren, damals waren 40.000 Zuseher am Berg. Das war unglaublich. Ich fuhr das gleiche Bike wie der regierende französische Weltmeister Nicolas Vouilloz, und ich trug ein weißes Jersey, so wie er. Als ich am Sessellift zum Start hochfuhr, jubelten mir diese 40.000 Franzosen zu wie verrückt, weil sie dachten, ich sei er. Ich saß da und habe gerufen: 'Nein, ich bin nicht er. Ich bin Engländer!" Aber es stimmt schon, ich war mehr für meine Partyskills als für meinen Fahrstil bekannt. Wobei, damals war es auch noch möglich, unter die ersten fünf zu fahren, wenn du am selben Tag bis fünf Uhr in der Disco warst. Der große Umbruch kam Ende der 1990er, als die Rennen nicht mehr auf Eurosport übertragen wurden. Bis dahin konnte man verhältnismäßig viel Geld mit diesem Sport verdienen, und plötzlich war alles weg. Es war tatsächlich so, dass wir im einen Jahr noch mit riesigen Teamtrucks von Rennen zu Rennen fuhren, und im nächsten Jahr musste alles im Kofferraum eines Kleinbusses Platz haben. Ich bin dann trotzdem noch bis 2006 Rennen gefahren. Aber die Luft war raus, es hat viel an Strahlkraft verloren.

STANDARD: Und wie ist es heute?

Warner: Downhill-Mountainbiken ist zu einem sehr professionellen Sport geworden. Es ist viel schneller und wilder als noch in den 1990ern. Das verlangt auch dem Körper mehr ab. Um auch nur in die Nähe der Top 20 zu kommen, musst du ein perfekter Athlet sein. Ich habe kürzlich Loïc Bruni getroffen, und er sagte mir, dass die jungen Fahrer in Frankreich heute schon mit 14 Jahren beginnen, im Fitnesstudio zu trainieren. Die Spitzenfahrer werden immer jünger. Bruni selbst war erst 21 Jahre alt, als Weltmeister wurde. Er sagt, dass man heute mit 26 schon zum alten Eisen gehört.

Der Downhill-Weltcup 1996 in Kaprun. Rob Warner erklärt auf MTV, worum es bei diesem Sport geht.
chronic racing

STANDARD: Können die Fahrer heute wieder gut von diesem Sport leben?

Warner: Ja, das Geld ist zurück. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren wahrscheinlich die besten Saisonen im Downhillsport erlebt, die es je gegeben hat. Die Teams investieren viel, aber sie verlangen auch viel. Die besten 20 Fahrer verdienen heute ganz gut, die besten fünf sogar richtig viel Geld, bis zu eine halbe Million im Jahr. Für das Gros der Fahrer ist es aber so, dass sie am Ende der Saison finanziell mit einer Null aussteigen. Dafür konnten sie das tun, was lieben.

STANDARD: Wie bist du nach deiner Karriere als aktiver Fahrer zum Moderieren gekommen?

Warner: Das war 2008, und es war reiner Zufall. Ich habe einen Typen getroffen, der dachte, ich sei professioneller Moderator, weil ich zuvor als Experte bei einer Live-Übertragung eines Motocross-Events dabei war. Er hat mich jedenfalls engagiert, um die Übertragung des Downhill-Weltcups via Webcast zu moderieren. Das stand damals alles ganz am Anfang und war noch sehr klein. Am Ende waren wir jedenfalls zu zweit zum Moderieren engagiert worden, und als mich mein Kollege vor der ersten Übertragung am Flughafen abholte, sagte er zu mir: "Du bist also der Profi?" Ich war ziemlich erstaunt und antwortete nur, dass ich dachte, er sei der Profi. Um es abzukürzen: Ich habe vor der ersten Übertragung sechs Pints Bier getrunken, weil ich so nervös war. Während der Sendung trank ich einfach weiter, und wir hatten ziemlich viel Spaß. Die Fans haben es geliebt, und so fing das alles an.

STANDARD: Der Erfolg spricht für dich, immerhin gehört deine Stimme seitdem untrennbar zu jedem Weltcuprennen.

Warner: Ich hatte wieder Glück. Nach drei, vier Jahren hat Red Bull die Übertragungsrechte gekauft. Und ich denke, sie sahen sich gezwungen, mich zu übernehmen, weil mich die Hardcore-Fans ins Herz geschlossen hatten. Und sie konnten es sich gerade zu Beginn nicht leisten, diese Zuseher zu verlieren. Als ich die Bosse dann zu den ersten Meetings getroffen habe, war ich richtig arrogant. Ich war der Meinung, ich mache sowieso alles richtig. Sie haben mich dann überzeugt, dass man auch Moderieren lernen muss. Heute ist mir klar, dass es nicht ideal ist für einen Moderator, zwei Stunden lang nur durchzubrüllen.

Heute ist Rob Warner von Beruf Moderator rund um das Thema Mountainbiking. Hier die aktuelle Folge seiner Serie "Catching up with" mit Danny Hart.
Red Bull

STANDARD: Du bist Brite und neben Steve Peat, Gee Atherton und Josh Bryceland einer von vielen legendären Downhillern von der Insel. Warum ist dieser Sport in Großbritannien so populär, wo ihr doch kaum Berge dafür habt?

Warner: Es ist ziemlich flach bei uns, wenn man es mit Innsbruck vergleicht. Aber es liegt weniger am Terrain als an der Szene. Denn die ist riesig in Großbritannien. Urväter des Sports wie Jason McRoy haben den Grundstein dafür gelegt. Steve Peat und ich haben schon zu ihm aufgeblickt. Mit den Erfolgen von Leuten wie Peaty wurde der Sport immer bekannter. Heute weiß jeder in Großbritannien, dass wir eine Macht im Downhillen sind. Wenn man am Wochenende in die Surrey Hills fährt, 45 Minuten außerhalb Londons, dann steht man im Stau. Obwohl es dort nicht wirklich toll zum Biken ist, die Abfahrten dauern nur 40 Sekunden lang. So absurd das klingt, aber du brauchst nicht unbedingt Berge, um ein guter Downhiller zu werden. Wichtiger ist es, Zeit am Bike zu verbringen, und genau das tun die Kids bei uns, weil es eine große und sehr aktive Grassroots-Szene gibt, die viele Rennen veranstaltet.

STANDARD: Du bist zum ersten Mal in Innsbruck. Die Stadt wird Ende Juni erstmals das Crankworx-Festival austragen und will künftig als Reiseziel für Biker reüssieren. Welches Potenzial sieht du dafür hier gegeben?

Warner: Es ist schlichtweg unfassbar. Ich bin seit drei, vier Tagen hier und habe einige Trails ausprobiert, auf der Hungerburg und im neuen Bikepark in Mutters. Ich habe auch mit den Verantwortlichen gesprochen. Sie sagen, sie wollen hier ein europäisches Pendant zu Whistler errichten. Wenn sie wirklich Europas größten Bikepark bauen, werden die Gäste von selbst kommen. Es gibt hier eine große Mountainbike-Szene. Ich habe unglaublich viele Leute auf den Trails getroffen. Mit Crankworx wird das alles sehr groß werden, da habe ich keinen Zweifel.

STANDARD: Sind britische Bike-Touristen eine lohnende Zielgruppe für alpine Destinationen, die sonst auf Wintertourismus setzen?

Warner: Auf jeden Fall. Viele Briten verreisen im Sommer, um zu biken. Wer es sich leisten kann, fliegt nach Whistler. Aber die meisten fahren nach Morzine in Frankreich, weil es der näheste Platz in den Alpen ist, wo man Downhillen kann. Es dauert zehn, elf Stunden mit dem Auto von Calais aus. Aber es gibt dort sonst nichts als die Trails. Hier in Innsbruck hat man eine ganze Stadt mit dabei, und sie ist einfach per Flugzeug erreichbar. Wenn sie künftig genug Trails anbieten, läuft das von selbst. Mit dem Crankworx-Festival wird sich die Stadt unter den großen Mountainbike-Destinationen einreihen.

STANDARD: Mountainbiken verändert sich laufend, aktuell sind E-Bikes das große Thema. Wie siehst du diese Entwicklung?

Warner: Ich werde kein böses Wort über E-Bikes verlieren. Anfangs war ich auch skeptisch, ich hielt sie für eine traurige Entwicklung, etwas für alte Leute. Ich wollte wohl cool sein, ein Hardcore-Mountainbiker. Bis ich selbst eines gefahren bin. Ich habe vergangenes Jahr einige getestet, und seitdem bin ich begeistert. Das ist eine der besten Erfindungen, die dem Mountainbiken passieren konnten. Sie fahren sich großartig, auch bergab. Obwohl sie ein wenig schwer sind. E-Bikes machen den Sport einer neuen, viel größeren Zielgruppe zugänglich. Ich will selber eines, obwohl ich noch keine 50 bin.

STANDARD: Wie reagiert die Szene in Großbritannien auf E-Bikes?

Warner: Sie sind nicht aufzuhalten, und daher reagieren nun die Bikeparks darauf. Derzeit ist das große Thema, welche Tarife man von E-Bikern verlangen kann. Denn wir haben meist keine herkömmlichen Lifte, sondern nutzen Shuttles, um wieder nach oben zu kommen. Mit dem E-Bike bist du nun aber schneller als der Shuttle und kannst sogar mehr Runden drehen. (Steffen Aroraa 9.5.2017)