Im Oktober 2016 holte sich die Salzburgerin bei der WM in Linz ebenso die Goldmedaille, ...

Foto: APA/HANNES DRAXLER

wie bei der erst am vergangenen Wochenende in Izmit bei Istanbul zu Ende gegangenen EM.

Foto: Gerhard Grafoner

Obligatorische Qualitätskontrolle.

Foto: Gerhard Grafoner

Buchinger kommt gut über die Runden: "Ich kann mich nicht beklagen, es passt alles, aber es geht natürlich um ganz andere Summen als bei Marcel Hirscher."

Foto: APA/HANNES DRAXLER

Mit ihrem Coach Manfred Eppenschwandtner.

Foto: APA/FOTOKERSCHI.AT/HANNES DRAXLER

Der Fokus der 24-Jährigen ist bereits auf Olympia 2020 in Tokio gerichtet.

Foto: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

Salzburg – Alisa Buchinger hatte ein komisches Gefühl, weil sie nicht so nervös und fokussiert wie üblich war, sich nicht bereit fühlte. Die für sie eher ungewöhnliche innere Ruhe, wäre ihr im Finale der Karate-EM in Izmit bei Istanbul beinahe zum Verhängnis geworden. Erst nach und nach lief es für die 24-jährige Salzburgerin besser, in der dritten Runde fand sie zu sich selbst und im Finale zur Normalform, die ihr nach EM-Gold 2015 und Heim-WM-Gold 2016 erneut den EM-Titel in der Kumite-Klasse bis 68 Kilogramm bescherte.

Nach zwei Nächten mit viel Party und wenig Schlaf wurde sie am Montag daheim in Salzburg gebührend empfangen. Nach den Strapazen der ereignisreichen Zeit hat sie dabei trotz Einladung eines bekannten Bierbrauers "nur Apfelsaft getrunken". Zeit zum Feiern bleibt für Spitzensportler selten, für Buchinger beginnt nun bereits die Vorbereitung für die World Games in Breslau (20. bis 30. Juli). "Eine Medaille ist das oberste Ziel".

Verbesserungspotenzial im mentalen Bereich

Trotz des Erfolgs in der Türkei, wisse sie, dass es noch einiges zu verbessern gebe, nämlich im mentalen Bereich. "Ich muss versuchen, meine Bestleistung ab der ersten Sekunde des ersten Kampfes zu bringen und sofort meinen Willen zu finden und nicht erst, wenn es brenzlig wird. Meine Techniken haben zunächst nicht funktioniert, weil ich nicht daran geglaubt habe, zu zaghaft war", resümiert sie auch in Hinblick auf Olympia 2020 in Japan.

In Tokio wird Karate erstmals olympisch sein. Qualifikationskriterien und Neuordnung der Gewichtsklassen für die Premiere sind zwar noch nicht fixiert, doch laut Buchinger wird es wahrscheinlich drei Klassen geben. Sie will in die mittlere, die 61-kg-Klasse wechseln, "weil ich aktuell ohnehin nur zwei Kilogramm drüber bin und früher in der Gewichtsklasse schon sehr erfolgreich war." Ein paar Tage weniger essen, vor allem die Abendmahlzeit weglassen, in die Sauna gehen, vor dem Wettkampf bissl aufpassen und schon sollte es mit der Massereduktion passen.

Zweikampf in fünf Gewichtsklassen

Kumite-Karate wird in Zweikämpfen ausgetragen. Es gibt fünf Gewichtsklassen. In zwei Minuten Kampfzeit bei Frauen, drei bei Männern, gilt es mehr Punkte als der Gegner zu sammeln. Für Schlag-, Stoß- Tritt- und Blocktechniken, sowie Fußfegetechniken gibt es einen oder zwei Punkte. Wurftechniken gepaart mit Folgetechniken, wie zum Beispiel einem Faustschlag gegen Kopf oder Körper, bringen gleich drei Zähler ein.

Um eine gute Karateka zu werden, braucht es eine Mischung aus mehreren Faktoren. "Schnelligkeit ist ganz wichtig, auch Technik und Taktik sind gefragt. Dazu braucht es mentale Stärke. Das Gesamtpaket muss passen, damit man am Tag x die Bestleistung abrufen kann. Du musst zwei Minuten lang konzentriert bleiben, flott reagieren, die Technik schnell und mit Kraft ausüben und auch kontrollieren."

Auf den Spuren der Ninja Turtles

Weil sie ein sehr aktives Kind war, an den Ninja Turtles und Karate-Kid-Filmen Gefallen fand, wollte sie auch einen Kampfsport ausüben. Und so begann sie mit fünf Jahren, unterstützt von den Eltern, ihre große Leidenschaft. "Ich wollte nie etwas anderes machen."

Als Heeressportlerin und neben Hauptsponsor Red Bull auch von anderen kleineren Sponsoren unterstützt, kommt sie über die Runden. "Ich kann mich nicht beklagen, es passt gut, aber es geht natürlich um ganz andere Summen als bei Marcel Hirscher. Ein, zwei mehr größere Sponsoren wären aber schon erfreulich, dann könnte ich auch etwas ansparen." In der Türkei, in Frankreich oder Aserbaidschan werden Karatekämpfer mehr gewürdigt und besser belohnt. "Für einen EM- oder WM-Titel bekommen sie eine Wohnung und 30.000 bis 40.000 Euro."

Keine Karatehalle in der Hochburg Salzburg

Das Olympiazentrum in Rif bietet ihr gute Trainingsbedingungen. "Da habe ich alles, was ich brauche." Die Flüge werden meist vom österreichischen Karateverband übernommen, teure Fernreisen auch mal vom Hauptsponsor bezahlt. Was in Salzburg aber fehlt, ist eine eigene Karatehalle. "Wir müssen uns die Halle mit zehn anderen Sportarten teilen, können nur zu gewissen Zeiten rein. Für ein spontanes Zusatztraining müssen wir vorher anfragen, weil dort unter anderem Kurse von der Sportunion für Boxer, Rollstuhltänzer und Pensionisten stattfinden. Buchinger trainiert zwei bis drei Mal am Tag, drei bis fünf Stunden und gönnt sich nur einen Ruhetag pro Woche.

An Sparringspartnern mangelt es trotz ihres hohen Levels nicht, sie muss nicht nur Schlagpratzen bearbeiten. "Salzburg ist eine Karatehochburg, rund 80 Prozent des Nationalteams kommen von hier." Da kann sie auch manchmal Männern einschenken. "Ich habe eine super Trainingsgruppe mit rund 20 Leuten, mit denen ich ideal trainieren kann."

"Die schlimmste Zeit für mich"

Aktuell läuft es rund, doch es gab auch Zeiten der Krise, als sie verletzungsbedingt fast ein halbes Jahr Pause machen musste. "Damals habe ich noch nicht so auf meinen Körper gehört wie jetzt, ich musste viel für einen Wettkampf abnehmen, mein Körper war geschwächt, aber ich habe weitertrainiert, bin drüber gegangen und hatte dann zwei Ermüdungsbrüche in den Mittelfußkochen links und rechts. Das war die schlimmste Zeit für mich und mir eine Lehre."

Nun aber genießt sie den Erfolg, gibt Interviews und wird zu Fotoshootings eingeladen. Die mediale Aufmerksamkeit an Karate und ihr als erfolgreiche Kämpferin ist in den letzten Jahren stark gestiegen, auch wegen der Aufnahme in das Olympiaprogramm. "Das alles bringt zusätzliche Motivation und freut mich." Um den Nachwuchs hierzulande macht sie sich keine Sorgen. "Es gibt viele, die langsam nachkommen und denen künftig Medaillen zuzutrauen sind, wenn sie dran bleiben und weiter brav trainieren." (Thomas Hirner, 10.5.2017)