Eckert (68, links) und Borbely (39) sind bei der Fifa Geschichte.

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Manama – Nach der Entlassung der beiden Chef-Ethiker ist der Ausgang von "mehreren hundert" Untersuchungen gegen korrupte Funktionäre beim Fußball-Weltverband Fifa völlig offen. "Das ist kein guter Tag", sagte der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert, der zusammen mit Ermittler Cornel Borbely am Dienstagabend per Handstreich aus dem Amt befördert worden war. "Das ist ein klarer Bruch", sagte der Schweizer Borbely, der die ermittelnde Kammer geleitet hatte, auf einer Pressekonferenz in Manama: "Es gibt keine Garantien, dass die laufenden Verfahren fortgesetzt werden. Es sind sehr komplizierte Untersuchungen."

Borbely und Eckert, als Vorsitzender der rechtssprechenden Kammer, waren vom Council nicht zur Wiederwahl in ihre Ämter beim Fifa-Kongress am Donnerstag vorgeschlagen worden. Eckert zweifelte, ob die noch laufenden Verfahren, etwa zur WM 2006 in Deutschland (neben Franz Beckenbauer steht auch Ex-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach im Visier der Ethiker), überhaupt zu Ende geführt werden. "Das wirft den Reformprozess um Jahre zurück", sagte Borbely am Mittwoch im 13. Stock eines Hotels in Bahrains Hauptstadt: "Der Ethik-Code ist nun ein wertloses Stück Papier."

Ein offizielles Gespräch mit Fifa-Präsident Gianni Infantino fand vorerst nicht statt. Eckert, der knapp fünf Jahre tätig war, sagte kryptisch: "Über Motive kann man nur spekulieren, und spekulieren soll man als Jurist nicht. Aber Sie können sich aus einem ganzen Blumenstrauß von möglichen Motiven verschiedene heraussuchen. Das kann die Angst von Leuten sein, die noch nicht entdeckt sind. Das kann die Angst von Leuten sein, die untersucht werden. Dass man also die, die bewiesen haben, dass sie unabhängig sind und sich nicht verbiegen, nicht an der richtigen Stelle wähnt."

70 Funktionäre wegen Korruption verurteilt

Allein seit 2015, als die Fifa förmlich implodiert war, hat die Ethikkommission mehr als 70 Funktionäre wegen Korruption verurteilt. Der Grieche Vassilios Skouris soll am Donnerstag vom Kongress zum Eckert-Nachfolger gewählt werden. Er war zwölf Jahre lang Präsident des Europäischen Gerichtshofes. Borbelys Ermittlungen sollen über die Kolumbianerin Maria Claudia Rojas laufen, als Präsidentin des Staatsrats beriet sie unter anderem auch die Regierung in Rechtsfragen.

ÖFB-Boss Leo Windtner weilt logischerweise auch in Bahrain, er wartete bisher vergeblich auf Begründungen für die Ablöse. Mit einem offiziellen Statement seinerseits konnte er nach einem Meeting mit dem slowenischen Uefa-Präsidenten Aleksander Ceferin dem STANDARD nicht dienen. "Ceferin ging nicht ins Detail, er stellte zu diesem Thema nur fest, dass sie durch wirklich hervorragende Persönlichkeiten ersetzt werden. Das stimmt sicher. Vielleicht weiß ich am Donnerstag mehr", sagte Windtner, der ob der Vorgänge "leicht irritiert" ist.

Vom Tisch ist derweil die sofortige (Vor-)Vergabe der Mega-WM 2026 an die USA, Kanada und Mexiko. Das Council will weiteren Bewerbern bis zum 11. August Zeit einräumen, ihr Interesse zu äußern. Eine Entscheidung soll dann beim Kongress 2018 in Moskau fallen. Allerdings bleibt der Verbund der drei Länder so oder so der haushohe Favorit und wohl einzige Kandidat für die Ausrichtung des Turniers, das erstmals mit 48 statt 32 Teilnehmern gespielt werden wird. Bestätigt wurde, dass Europa 16 (bisher 13) Startplätze erhält. (sid, red, 10.5.2017)