Der gute Wille der Parteijugend war da: Das Clubbing "Hofburg-Challenge – accepted" für Andreas Khol bei der vergangenen Hofburgwahl brachte nur kurz gute Stimmung in den schwarzen Wahlkampf.

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Dass Spitzenpolitiker die Jugendorganisation, aus der sie kommen, als Machtbasis und Sprungbrett für alle weiteren Karrierestufen benützen, ist nichts Neues. Josef Cap hat das einst gemacht, ebenso der spätere SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann. In der ÖVP war es bisher eher Brauch, das Spitzenpersonal aus den Bünden und/ oder den Ländern zu rekrutieren. Insofern hat Sebastian Kurz hier Neuland betreten.

Seine Vertrauten sitzen, gut platziert, an vielen politischen Schaltstellen im Land. Etwa in Oberösterreich, da ist JVP-Mitglied Helena Kirchmayr die Klubobfrau im ÖVP-Landtagsklub. Unter den Nationalratsabgeordneten sind Asdin El Habbassi, stellvertretender JVP-Chef, und die Weinviertler Unternehmerin Eva-Maria Himmelbauer Kurz' Vertraute.

Der wahrscheinliche Bundesparteichef hat den früher zumeist eher verschlafenen bis tollpatschigen JVP-Haufen erstaunlich attraktiv gemacht: 100.000 Mitglieder will man bei der JVP bereits zählen. Dass man sich auch danach, wenn man aus der JVP-Zeit herausgewachsen ist, nicht aus den Augen verliert, dafür sorgt der von Kurz gegründete Club 35, der heute von der ehemaligen JVP-Niederösterreich-Chefin Bettina Rausch geführt wird. Rausch ist auch Kurz-Stellvertreterin in der ÖVP-Parteiakademie, ebenso die EU-Mandatarin Elisabeth Köstinger und Harald Mahrer, Staatssekretär für Wissenschaft.

Permanent im Kontakt

"Das ist unser Alumni-Klub", sagt JVP-Generalsekretär Stefan Schnöll über den Club 35. Dass der 29-jährige Jurist ein enger Vertrauter ist, überrascht nicht. Man sei permanent in Verbindung, "es rennt viel übers Telefon".

Während andere Jugendorganisationen – wie kürzlich die Grüne Jugend – damit beschäftigt sind, gegen die eigene Partei zu opponieren, haben sich die jungen Schwarzen aufs Netzwerken verlegt – und das höchst erfolgreich.

"Es geht uns nie um den Konflikt an sich, daher passiert mehr im Inneren der Partei", sagt El Habbassi. Er sieht einen Grund für den Erfolg im Stil des JVP-Chefs. Kurz sei ein guter Kommunikator und einbindend. Die Mitglieder danken es mit Loyalität. "Die Stärke liegt in unseren Strukturen" sagt Schnöll zum STANDARD – und in den steigenden Mitgliederzahlen. Eine Vielzahl von Gemeinderäten seien JVP-Mitglieder, besonders stark sei die Präsenz in den schwarzen Kernländern Nieder- und Oberösterreich. Längst gibt es eine JVP-Jungbürgermeisterrunde, der 35 Ortsvorstände angehören sollen. Wie Schnöll sieht auch El Habbassi die JVP für etwaige Neuwahlen bestens gerüstet.

Mit dem Aufstieg von Kurz, der 2009 die eher unauffällige Silvia Grünberger (geb. Fuhrmann) als JVP-Chef ablöste, wuchs auch das Ansehen der Jungen. "Wir sind nicht mehr die belächelte Jugendorganisation, mittlerweile sind wir vollkommen gleichberechtigt in der Bündestruktur", freut sich der Generalsekretär. Das erstarkte Selbstvertrauen zeigt sich auch in der Person Schnöll, der sich bereits für höhere Weihen ins Spiel gebracht wurde.

Reger Austausch

Vernetzt wird jedenfalls auf allen Ebenen: Heuer wurde ein eigener Klub der JVP-Abgeordneten ins Leben gerufen. Die elf Mitglieder kommen aus dem Nationalrat und abwärts. El Habbassi leitet – neben dem burgenländischen Landtagsabgeordneten Patrik Fazekas – die Plattform. "Es geht um den Austausch, das Koordinieren", erklärt er. Vor allem über Online-Plattformen stehe man so in regem Kontakt.

Sein Netzwerk hat Kurz auch im Kabinett des Außenamts untergebracht: Einer seiner engsten Vertrauten ist Ex-JVP-General Axel Melchior, sein stellvertretender Büroleiter. Der nun nach Brüssel als Botschafter entsandte Nikolaus Marschik, eine Erfindung von Wolfgang Schüssel und Ursula Plassnik, gilt ebenfalls als engst vertraut mit dem Außenminister. Zwei enge Mitarbeiter hat der Minister noch im März auf wichtige Botschafterposten gesetzt: Kabinettschef Christian Ebner soll nach Madrid gehen, Kurz' außenpolitischer Berater Nikolaus Lutterotti nach Belgrad. Der bis dato für parlamentarische Belange zuständige Josef Saiger wird das Generalkonsulat in München leiten.

Wichtiger Mentor

Befreundet ist Kurz auch mit dem Wiener VP-Chef Gernot Blümel – eine ihrer Gemeinsamkeiten ist, dass sie beide von Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger "entdeckt" wurden. Dazu gehört auch Markus Figl, heute Bezirksvorsteher der Inneren Stadt. Gemeinsam hat man die einst erfolgreich Ursula Stenzel abgesägt – so etwas verbindet. In der Bundesregierung ist es vor allem Hans Jörg Schelling, auf den sich der Außenminister voll und ganz verlässt.

Sein wichtigster Mentor allerdings ist ihm vor kurzem abhandengekommen: Erwin Pröll, kürzlich in Pension gegangener Landeshauptmann von Niederösterreich, hat Kurz innerparteilich stark gefördert – vor allem gegen den Oberösterreicher Reinhold Mitterlehner. Unter den noch amtierenden Landeshauptleuten zählen vor allem Wilfried Haslauer (Salzburg) und Markus Wallner (Vorarlberg) zum Kurz-Netzwerk.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Kontakte des jungen Ministers in die IT-Branche. Bei einem Besuch im Silicon Valley bei Facebook und Google vergaß er nicht, österreichische Start-up-Unternehmer vor Ort zu besuchen. DiTech-Gründerin Aleksandra Izdebska sagte in der Vergangenheit mehrfach, sie werde Kurz nie vergessen, dass er nach der Pleite des Unternehmens der Einzige gewesen sei, der sie angerufen habe: "Ich war damals ein Outlaw, nur Sebastian stand zu mir." Das könnte noch nützlich sein – für den Fall, dass es mit der Politik dann doch nicht so gut klappt. (Peter Mayr, Petra Stuiber, 13.5.2017)