Conchita Wurst eröffnete die Wiener Festwochen am Freitagabend auf dem Wiener Rathausplatz als One-Woman-Show mit Gästen.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Gitarrist und Jazzer Harri Stojka.

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Ernst Molden, Willi Resetarits, Walther Soyka und Hannes Wirth als Viergespann.

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Conchita im Duett mit Georgij Makazaria von Russkaja.

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Blick vom Rathausplatz auf die Bühne.

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Wien – "In seiner ganzen Vielfalt und Spannung" wollte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) Wien durch die Eröffnungsshow der Festwochen am Freitagabend repräsentiert wissen. "Kulturelle Grundversorgung" böte das Festival, diesmal aber darüber hinaus auch "so viel Neues und Interessantes, wo man sich mit Neugier auf etwas einlassen" könne, "was man vielleicht noch nicht so gut" kenne.

Man wünscht, es hätten nun gleich Mozuluart eingesetzt: Die vor über zehn Jahren in der Bundeshauptstadt formierte Kombo interpretierte unterstützt von den Wiener Symphonikern Joseph Haydns Menuett in F-Dur mit afrikanischen Klängen. Eine tatsächlich nicht unspannend klingende und auf mehrere bei diesen Festwochen bevorstehende Dekonstruktionen von Klassikern (Mozart, Wagner) verweisende Angelegenheit. Doch begann der Konzertabend anders.

Keine Freude mit den Umständen

Dass Tomas Zierhofer-Kin mit der traditionellen Eröffnung am Rathausplatz inklusive ORF-Übertragung keine rechte Freude hat, ist kein Geheimnis. Es gab sie im ersten Jahr des Neo-Festwochen-Chefs aber trotzdem. Wann eine für den Intendanten adäquatere Lösung gefunden sein wird, ein Aushängeschild des Programms der nachfolgenden Wochen zu bieten, wird sich zeigen.

Überrascht hat indes die Entscheidung, Conchita (ehemalige Wurst) als Conférencieuse durch die diesjährige Eröffnung führen zu lassen. Sozusagen Queer- statt Antiquiertkultur. Sozusagen alternativ, aber tauglich für die Masse. Inwiefern die Song-Contest-Gewinnerin dem laut Vernehmen angepeilten Geist des Festival-Neustarts gerecht werden würde, darüber konnte man im Vorhinein spekulieren. Nach den ersten Tönen wusste man es.

Egoshow statt Erfahrung

Als die singende Moderatorin mit Where do I begin? Gefühlsbombast ins Publikum wuchtete, war das ganz sicher nicht der richtige Vorbote für die Art von Erleben und Erfahrung, die der Festwochen-Spielplan etwa im neu initiierten Performeum in sein Zentrum stellen will, sondern bloß picksüß-falsch. Ebenso ihre flirty gesäuselten Ansagen. Ihre Schirmherrschaft über das österreichische Song-Contest-Team, termintechnisch nahe liegend in Kiew tätig, hat Conchita dieser Aufgabe zuliebe heuer ruhend gestellt, holte aber alles auf der Festwochenbühne nach.

Ergebnis war eine Moderation wie ein Egotrip: noch ein Conchita-Lied, noch eine Conchita-Anekdote ("… bei mir ist wahnsinnig viel passiert ..."), noch ein anderes Outfit. Nie zuvor in ihrem öffentlichen Leben als bärtige Frau hat sie, die nach ihrem Song-Contest-Sieg 2014 mit starken Ansagen aufhorchen ließ, so viel Belangloses von sich gegeben. Dabei haben die Festwochen gerade unter der neuen Intendanz angekündigt, besonders politisch zu sein.

Würdigere Töne

Dirigent Péter Pejtsik hingegen fand mit seinen Symphonikern den richtigen Ton. Etwa als Begleitung für Lylits starke Stimme beim souligen Come Back. Dann musste die gebürtige Innviertlerin und in New York entdeckte Eva Klampfer aber noch Where have all the good men gone? aus der Gastgeberin erstem Album mit jener singen. Auch der als Frontmann von Russkaja bekannte Georgij kam dieser nicht aus.

Zu einer Festwocheneröffnung würdigen, mainstreamalternativen Tönen fand jedenfalls Gitarrist und Jazzer Harri Stojka, der dem vollgerammelten Rathausplatz Romamusik-Klänge bescherte. Die sprachverliebte Wienerin Yasmo kam mit Slampoetry, Rap, ihrer Band Klangkantine und feministisch-systemkritischen Texten gut an. Lokalen Charme und Poesie trugen Ernst Molden, Willi Resetarits, Walther Soyka und Hannes Wirth als Viergespann zu den guten Momenten der eindreiviertel Stunden bei. Jedem von Conchitas Gästen waren zwei Nummern gegönnt. Sie hatte am Ende des Abends acht gesungen.

Zierhofer-Kins Unzufriedenheit mit den Möglichkeiten einer Festwochen-Eröffnung in diesem Rahmen (Rathausplatz, ORF-Übertragung, etwas für jeden) mag je nach Anspruch und Vorstellungen ihre Berechtigung haben. Aber sie deshalb in Wolfgang-Sobotka-Manier zu sprengen, dessen wäre nicht Not gewesen. (Michael Wurmitzer, 12.5.2017)