Vor dem Tiroler Landhaus verdeutlichten die Gegner der Reform, wie marginal die Einsparungen durch die Kürzungen sind.

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Innsbruck – Mehr als 30 Transparente haben Gegner der geplanten Tiroler Mindestsicherungsreform in ganz Innsbruck affichiert. Sie richten sich direkt an die Abgeordneten, die am Mittwoch die Verschärfungen für Mindestsicherungsbezieher im Landtag absegnen sollen. Der schwarz-grünen Landesregierung wird "Symbolpolitik" unterstellt, die bei den Ärmsten der Armen spare.

Letzteres hat die grüne Soziallandesrätin Christine Baur erst vergangene Woche im Rahmen einer Podiumsveranstaltung zum Thema selbst eingeräumt. Daher fordert ein breites Bündnis aus Sozialvereinen und Kulturinitiativen, von der Reform Abstand zu nehmen. Doch das wird nicht passieren: Die Landesregierung hat trotz mehr als 50 Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf, die fast durchwegs negativ ausfielen, bereits auf maßgebliche Änderungen verzichtet. Am Montagnachmittag stellte der grüne Klubobmann Gebi Mair noch einen automatisch steigenden Wohnzuschuss in Aussicht, der derzeit nachverhandelt werde. Doch die Sozialvereine bleiben skeptisch, weil diese Maßnahme nur dann etwas bringe, wenn man auch die Ausgangswerte für deren Berechnung deutlich erhöhe.

Kürzungen bringen wenig

Mangels bundesweit einheitlicher Lösung sind die Länder dazu übergegangen, die Mindestsicherung selbst zu reformieren. In Tirol sollen durch die Verschärfungen insgesamt 4,5 Millionen eingespart werden. "Das sind 0,15 Prozent des jährlichen Budgets", sagt Maria Petersen vom Sozialpolitischen Arbeitskreis (SPAK). Angesichts dieser mickrigen Summe sei klar, dass es der Landesregierung nicht um Sparmaßnahmen gehe. Vor allem die Deckelung der Wohnkosten und die Kürzungen bei Mehrkindfamilien stoßen auf Kritik.

Die Landesregierung begründet die Spaßmaßnahmen mit der steigenden Zahl an Mindestsicherungsbeziehern, bedingt vor allem durch die Zunahme anerkannter Asylwerber. Tirol gab 2016 insgesamt 56 Millionen Euro für die Mindestsicherung aus. Der Kreis der Bezieher ist von 11.500 im Jahr 2010 auf mittlerweile 17.000 gestiegen. Zuletzt sprach ÖVP-Klubobmann Josef Wolf davon, dass weitere 5000 Asylwerber dazukämen. Michael Kerber vom Flüchtlingsdienst der Diakonie weist dies jedoch als unwahr zurück: "Derzeit sind 5800 in der Grundversorgung. Realistisch gesehen ist im kommenden Jahr mit höchstens 2000 zusätzlichen anerkannten Asylwerbern zu rechnen."

Die Abstimmung am Mittwoch dürfte trotz der Proteste nicht in Gefahr sein. Schwarz-Grün verfügt über die nötige Mehrheit im Landtag, um die Reform durchzubringen. Pikantes Detail am Rande ist, dass die Reform auch bei den Grünen intern sehr umstritten ist. So hat etwa Innsbrucks grüne Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider vergangene Woche selbst via Facebook den Protestaufruf geteilt. Bei der Kundgebung am Montag war sie aber nicht anwesend. (ars, 15.5.2017)