Am Donnerstag startet bei den Wiener Festwochen eine "Akademie des Verlernens": Der neue Festwochen-Intendant Tomas Zierhofer-Kin setzt auf popkulturelle Leichtigkeit und diskursive Elemente.


Foto: Festwochen

Wien – Das wird der Kick: zusammensitzen, bessere Welt planen, und das so, als wäre man Avantgarde. In diesem Sinn legt am Donnerstag bei den Wiener Festwochen eine "Akademie des Verlernens" los, die schon am Samstag von der US-amerikanischen Literaturwissenschafterin Gayatri Chakravorty Spivak "inauguriert" worden ist. Spivak (75), geboren in Kolkata, ist eine der Schlüsselfiguren im postkolonialen Diskurs.

Diesen wirklich wichtigen Themenimport aus den USA massieren die neuen Festwochen unter Tomas Zierhofer-Kin (mit seinen Co-Kuratoren Johannes Maile, Nadine Jessen und Marlene Engel) genüsslich in das üppige Fleisch der Popkultur ein. Dabei könnten sich die Krusten der puritanischen Political Correctness ein wenig aufweichen, die über den Postcolonial Studies hängen. Vor allem, seit sie sich mit Gender-Studies und Feminismus zusammengeschlossen haben.

Im Fall der Akademie des Verlernens ist, um Marshall McLuhan wortgetreu herbeizuzitieren, das Medium die Massage. Wie alle Medien behauptet auch die Akademie: "Ich bin eine interessante Veranstaltung." Und das schön schrill, denn sie findet teils in einem bunt beleuchteten Aufblas-Hamam (ab 18. 5.) aus Plastik statt, der wiederum Teil des politisch-künstlerischen Performeums ist, das mit Party und Konzert aufgepimpt wird.

Die Festwochen wollen's den Leuten nett machen, also bekommt der Intellekt gleich Partyhut, Kunstmanterl und Spektakelschminke, damit er nicht gar so fad dreinschaut. Dass dabei etwas verlorengehen könnte, zeigt sich bereits im Programmbuch unter "Anti-Fascist Ballet School" (zu besuchen ab Donnerstag in der Lugner City): "Dieses Projekt geht zurück auf die kämpferischen Wurzeln des Balletts ..." Echt jetzt? Liegen die Wurzeln des Balletts nicht vielleicht doch in der partygeilen Upper Class der Renaissance bis hin zum Absolutisten Ludwig XIV.? Da hätte man schon einmal etwas verlernt.

Die Pop-Attitüde der Festwochen fördert eine gewisse Leichtigkeit, nützt der Glaubwürdigkeit ihrer Akademie aber nur bedingt. Aber vielleicht ist es trotzdem nett, etwa dem "feministischen Autor" Kevin Allred am 19. und 20. 5. bei "Politicizing Beyoncé" zuzuschauen. Oder bei Fannie Sosa am 3. 6. zu "twerken" – mit Motivationsstatement vorher anmelden, bitte. Dafür kann die Lesung von Shumona Sinha aus ihrem Buch Erschlagt die Armen! am 21. Mai ohne Vorabrechtfertigung besucht werden, ebenso wie das "Museum der Weltlosen" ab 11. Juni. (Helmut Ploebst, 16.5.2017)