Als das Weiße Haus auf Schadensbegrenzung schaltete, war es schon viel zu spät. Der Bericht der Washington Post hatte sein Publikum bereits erreicht. Außenpolitisch wird die Enthüllung, dass der US-Präsident dem russischen Außenminister Sergej Lawrow womöglich hochgeheime Informationen zugesteckt hat und damit Verbündete in Gefahr bringt, dem Weißen Haus und den USA schaden. Auch befreundete Regierungen werden es sich wohl zweimal überlegen, dem US-Präsidenten Informationen zuzustecken, wenn sie bezweifeln müssen, dass er willens oder in der Lage ist, sie für sich zu behalten. Nicht nur im Krisenfall kann das auch für die innere Sicherheit der USA zum großen Problem werden.

Innenpolitisch ist der unmittelbare Effekt begrenzt: Wer schon bisher Gegner Trumps war, war dies wohl auch deshalb, weil er den einstigen Immobilienmagnaten seiner Persönlichkeit wegen für ungeeignet hält. Wer Trump trotz seiner offensichtlichen Defizite gut findet, wird auch an dieser Geschichte vielleicht nicht viel auszusetzen haben.

Seine Fans hätten vielleicht auch den Dementis des Nationalen Sicherheitsberaters H. R. McMaster geglaubt, wenn Trump seinem hochangesehenen Mitarbeiter nicht gleich am Folgetag öffentlich widersprochen hätte. Aber auch die Rechtfertigung des Präsidenten, er habe aus humanitären Gründen Russland gewarnt, werden viele jener schlucken, die schon bisher bereit waren, Trumps offensichtliche Unwahrheiten für bare Münze zu nehmen.

Problematisch für das Weiße Haus ist aber, dass der Bericht überhaupt an die Öffentlichkeit gekommen ist. Fast nichts, was im Oval Office besprochen wird, scheint dort zu bleiben. Trump kann noch so sehr auf "Leaker" schimpfen, noch so sehr mit Tonbandaufzeichnungen, Strafen und Rache drohen: Er bekommt seine Mitarbeiter nicht in den Griff. Dabei geht es längst nicht nur mehr um jene Beamte, die noch aus früheren Regierungen übrig sind. Auch bei jenen, die er selbst eingesetzt hat, scheint das Motto zu lauten, ihm zwar zuerst zuzustimmen, seine vielen Fehlleistungen dann aber an die Presse weiterzuleiten. Das sollte ihm auch mit Blick auf Abgeordnete und Senatoren zu denken geben, die zwar bisher öffentliche Kritik vermeiden, aber immer mehr auch ihr eigenes Schicksal bei den Wahlen im Herbst 2018 im Kopf haben müssen.

Trump und sein Team haben es geschafft, innerhalb nur weniger Monate die Zahl jener, die ihnen misstrauen und sie fürchten, von einem hohen Niveau aus noch weiter zu steigern. Für jemanden, der Loyalität sich selbst gegenüber so hoch schätzt wie der US-Präsident, muss das noch viel schwerer wiegen als die schlechte Presse. Es ist ungewiss, wie der Präsident, dessen Entscheidungsprozesse ohnehin nicht immer traditionellen Maßstäben folgen, darauf reagieren wird, dass er kaum jemandem seiner angeblichen Getreuen wirklich vertrauen kann. Wenn das bisherige Krisenmanagement in Wahlkampf und Regierung Leitfaden ist, wird er das Loch, in dem er hockt, noch tiefer schaufeln. (Manuel Escher, 16.5.2017)