War das alles nur die große Show, wurde bloß die PR-Nebelmaschine angeworfen? Hinter den effektvoll inszenierten, sieben ultimativen Bedingungen an seine Partei, die ihm unumschränkte Durchgriffsrechte sichern sowie die Länderorganisationen und Bünde entmachten sollte, steht zum Teil Altbekanntes. Etliches von dem, das Kurz seiner Partei an Reformen abverlangt habe, sei im Parteistatut bereits weitgehend umgesetzt, ätzen die Autoren der vom SPÖ-Parlamentsklub online betriebenen "Kontrast-Blog".

Bei näherer Hinsicht und nach Studium des aktuellen Parteistatuts der ÖVP tauchen ohne Zweifel einige der von Kurz gestellten Bedingungen als bereits beschlossene Fakten auf.

Nicht nur beim, wie bereits berichtet, verpflichtenden "Reißverschlusssystem", wie es Kurz verlangt. Künftig müsse etwa die Kandidatenliste nach dem Reißverschlusssystem – abwechselnd Frauen und Männer – organisiert werden. Selbiges hatte die ÖVP bereits am 12. Mai 2015 – noch unter Parteichef Reinhold Mitterlehner – auf ihrem 37. Außerordentlichen Parteitag beschlossen. "Klares Bekenntnis zu mehr Frauen, in der Politik", heißt es da, "Reißverschlusssystem für Nationalratswahlen auf Landes- und Bundeswahlkreisebene und für Europawahlen."

"Evolution ÖVP"

Kurz erhielt jetzt vom Parteivorstand auch die Zustimmung, mit einer eigenen Liste zu kandidieren. Das ist in den Ländern längst en vogue: Schon 2009 hatte in Oberösterreich die dortige ÖVP als "Liste Pühringer" kandidiert.

Auch die Forderung nach einem verpflichtenden, Vorzugsstimmen fördernden System ist nicht neu. Dieses wurde ebenfalls beim außerordentlichen Parteitag 2015 beschlossen. "Stärkung des Persönlichkeitswahlrechts und damit der Personalisierung der Politik durch ein verpflichtendes internes Vorzugsstimmensystem für Nationalratswahlen, Landtagswahlen und Europawahlen", heißt es wörtlich. Ebenso ist die Forderung nach Öffnung der Partei längst Common Sense in der ÖVP. Im Programmprozess "Evolution ÖVP" stimmten 80 Prozent in einer großen Mitgliederbefragung dafür, dass die Partei durchlässiger werden müsse. Kurz kann sich also auch hier auf eine breite Zustimmung stützen.

Eigentlich nicht geklärt ist, ob Kurz tatsächlich allein die Kandidatenliste für die Nationalratswahl diktieren kann. Schon jetzt hat der Bundesparteichef ja ein Vorschlagsrecht, beschlossen wird sie im Bundesparteivorstand. Ob Kurz wirklich ohne das höchste Parteigremium die Bundesliste bestimmen kann, ist noch unklar. Denn auch diese Bedingung ist von Kurz nur vage mündlich verkündet, aber noch nicht in Form neuer Paragrafen im Statut verschriftlicht worden. (Walter Müller, 16.5.2017)