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Ex-FBI-Chef Robert Mueller soll die Ermittlungen über mögliche Beziehungen der Trump-Wahlkampagne zu Russland leiten.

Foto: Reuters / Jason Reed

Washington – Die Ermittlungen zu möglichen Verbindungen zwischen Russland und dem Wahlkampfteam von Donald Trump gewinnen erheblich an Dynamik: Das US-Justizministerium ernannte am Mittwoch überraschend den früheren Chef der Bundespolizei FBI, Robert Mueller, zum Sonderermittler. Der Posten ist mit umfassenden Ermittlungsvollmachten ausgestattet und vor politischer Einflussnahme geschützt.

ORF

Ermittlungsgegenstand sind laut Ministerium "Bemühungen der russischen Regierung zur Beeinflussung der Präsidentschaftswahl 2016 und damit zusammenhängende Themen". Der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein beauftragte Mueller ausdrücklich damit, "jegliche Verbindungen und/oder Abstimmungen zwischen der russischen Regierung und Personen mit Verbindung zur Wahlkampagne von Präsident Donald Trump" zu untersuchen.

"Gewisses Maß an Unabhängigkeit"

Mit der Ernennung eines externen Sonderermittlers wolle er die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Ermittlungen sicherstellen, erklärte Rosenstein. "Angesichts der einzigartigen Umstände erfordert es das öffentliche Interesse, dass ich diese Ermittlungen unter die Führung einer Person stelle, die ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von der normalen Hierarchie genießt."

Rosenstein war in der aktuellen Diskussion rund um die Entlassung des FBI-Chefs James Comey besonders unter Druck gestanden, weil er jenes Memo verfasst hatte, das Comey schwer kritisierte und das Trump anfangs als Grund für dessen Entlassung anführte. Er selbst soll bestritten haben, dass er mit dem Memo Comeys Entlassung in die Wege leiten wollte.

US-Medien berichten, Rosenstein habe die Entscheidung zur Einsetzung des Ermittlers unabhängig vom Weißen Haus getroffen und dieses erst etwa 30 Minuten vor Bekanntwerden informiert – und damit offenbar erst nachdem die Anordnung bereits unterzeichnet war. Auch die republikanische Führung im Kongress sei nicht vorab über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt worden.

Dementsprechend dauerte es auch ein bisschen, bis eine Stellungnahme des Weißen Hauses zur Causa zu erhalten war. Nach etwa einer Stunde gab es dann doch ein dürres Statement: Er freue sich darauf, dass die Ermittlungen schnell zu einem Ende kommen würden, teilte Trump mit. Sie würden gewiss die Unschuld seines Teams beweisen. Auf den Sonderermittler selbst geht das Schreiben in keinem Wort ein.

Rosenstein hatte zuvor mitgeteilt, er habe die Entscheidung getroffen, dass es "im öffentliche Interesse" sei, nun einen Sonderermittler einzusetzen. Der Vizejustizminister ist deshalb für die Entscheidung verantwortlich, weil sein Vorgesetzter, Justizminister Jeff Sessions, selbst im Verdacht steht, Kontakte mit Vertretern Russlands gepflegt zu haben.

Vorwürfe russischer Einmischung

Muellers Berufung waren turbulente Tage in Washington vorangegangen. Trump begründete die Entlassung Comeys auch mit den Ermittlungen des FBI zu möglichen Verstrickungen seines Teams mit russischen Wahlkampfinterventionen.

Am Dienstag waren in einem Bericht der "New York Times" Vorwürfe bekanntgeworden, wonach Trump Comey vor dessen Entlassung gebeten haben soll, die Ermittlungen gegen den früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn fallenzulassen. Flynn hatte zurücktreten müssen, nachdem er Vizepräsident Mike Pence verschwiegen hatte, dass er schon vor Amtsantritt Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, geführt hatte.

Bereits am Montag war Trump in die Bredouille geraten, nachdem die "Washington Post" herausgefunden hatte, dass Trump bei einem Treffen mit Kisljak und Russlands Außenminister Sergej Lawrow möglicherweise Details aus Geheimdienstinformationen weitergegeben hatte. Die Informationen über mögliche Terrorbedrohungen des "Islamischen Staates" sollen vom israelischen Militärgeheimdienst stammen.

Weitreichende Befugnisse

Ein Sonderermittler genießt im US-Justizsystem weitreichende Befugnisse. Er untersteht nicht der Hierarchie des Justizministeriums oder des Weißen Hauses. Er ist nicht zur Rücksprache mit dem Justizminister verpflichtet und kann die Ermittlungen mit Mitarbeitern seiner Wahl unabhängig vorantreiben. Sollten die Ermittlungen Fehlverhalten dokumentieren, kann er die Fälle zur Anklage bringen.

Die Demokraten hatten nach den Ereignissen der vergangenen Woche vehement die Einsetzung eines Sonderermittlers gefordert. Sie sahen nach der Entlassung Comeys auf Betreiben Rosensteins keine glaubhaften Persönlichkeiten mehr im Justizministerium, die an einer Untersuchung beteiligt sein könnten. Das Weiße Haus hatte bisher erklärt, es sei "unnötig" einen Sonderermittler einzusetzen, weil in der Sache bereits bisher ermittelt werde und auch mehrere Ausschüsse im Kongress damit befasst seien.

Ehemaliger FBI-Chef

Mueller hatte die Bundespolizei von September 2001 bis September 2014 geführt. Er war von George W. Bush eingesetzt worden. Präsident Barack Obama verlängerte das Dienstverhältnis einmal für zwei Jahre. Er ist damit der direkte Amtsvorgänger Comeys, als dessen enger Freund er gilt. Nach dem 11. September 2001, an dem er gerade eine Woche im Amt war, formte er aus der Bundespolizei FBI einen modernen Geheimdienst. Mueller teilte in einem kurzen Statement mit, dass er die Aufgabe angenommen habe. Er hat seinen derzeitigen Job in einer Anwaltskanzlei ruhend gestellt, heißt es.

Frühere Mitarbeiter aus dem Justizministerium der Obama-Regierung lobten in ersten Stellungnahmen in der "New York Times" Muellers Einsetzung. Er sei "die ideale Wahl" und werde die Ermittlungen unabhängig führen. Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sagte, die Bestellung sei "sehr notwendig" gewesen. Mueller sei "die richtige Art von Persönlichkeit" für die Aufgabe. Schumer habe nun "erheblich mehr Vertrauen" in die Ermittlungen. Der republikanische Ausschussvorsitzende Jason Chaffetz bezeichnete Mueller als "hervorragende Wahl". Der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, ließ wissen, dass auch die Untersuchung im Senatsausschuss zur möglichen Einflussnahme Russlands auf die US-Wahl fortgeführt werde. (mesc, APA, Reuters, 18.5.2017)