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Das Kernkraftwerk Beznau im Schweizer Kanton Aargau wurde 1969 in Betrieb genommen. Es gilt als das dienstälteste AKW weltweit.

Foto: Reuters / Arnd Wiegmann

Brüssel – In 14 Ländern der Europäischen Union laufen derzeit 129 Kernreaktoren mit einem Durchschnittsalter von nahezu 30 Jahren. 90 Prozent davon sollen nach Bekunden ihrer Eigentümer "länger betrieben werden, als es nach der ursprünglichen Auslegung vorgesehen war". Dies geht aus einer Marktanalyse der EU-Kommission zu Kernenergie-Trends und den damit verbundenen Investitionen hervor, deren finale Version "Spiegel online" vorliegt. Laut EU-Prognose werden diese Uraltmeiler 2030 gut die Hälfte des Atomstroms in der EU produzieren.

"Je nach Reaktormodell und -alter gehen die nationalen Regulierungsbehörden davon aus, dass sich die Lebensdauer der Kraftwerke durchschnittlich um zehn bis 20 Jahre verlängert", heißt es in der Analyse. Besonders Deutschland dürfte diese Entwicklung Sorgen bereiten. Der nach der Katastrophe von Fukushima beschlossene und teuer erkaufte Atomausstieg bis zum Jahr 2022 kann offenbar nicht umfassend vor dem Risiko eines GAUs schützen. In Belgien, Frankreich sowie in den österreichischen Nachbarstaaten Schweiz und Tschechien stehen aus der Sicht vieler AKW-Experten und -Kritiker eher schlecht gesicherte nukleare Kraftwerke nur wenige Kilometer von der Grenze der Bundesrepublik.

Nukleare Sicherheit "oberste Priorität"

Schon im Entwurf des Papiers im Vorjahr wurde betont, dass die nukleare Sicherheit "oberste Priorität sei. Laufzeitverlängerungen bei AKWs würden oft nur genehmigt, wenn die Sicherheit der Anlage zuvor verbessert würde". Dafür soll offenbar zumindest viel Geld in die Hand genommen werden: "Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen werden bis 2050 schätzungsweise 45 bis 50 Milliarden Euro in den Langzeitbetrieb bestehender Reaktoren investiert", heißt es aus der EU-Analyse.

Umweltschützer sehen diese Entwicklung kritisch. Die Pläne der EU-Kommission zeigten, "dass sie aus der Atomkatastrophe von Fukushima und explodierenden Atomkosten in Europa nicht gelernt haben", zitiert "Spiegel online" die atompolitische Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl. Die deutsche Bundesregierung müsse sich für ein europäisches Regelwerk einsetzen, das eine AKW-Laufzeit von mehr als 40 Jahren untersagt. (red, 18.5.2017)