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Theresa May ist laut Umfragen gut unterwegs.

Foto: REUTERS/Dan Kitwood

"Eine Regierung des Mainstream für die breite Bevölkerungsmehrheit" – mit dieser Positionierung in der Mitte der Gesellschaft hat sich die britische Premierministerin Theresa May am Donnerstag an die Wähler der Oppositionsparteien Labour und Ukip gewandt. Bei der Vorstellung des Programms ihrer konservativen Partei für die Unterhauswahl in drei Wochen betonte die Regierungschefin Tugenden wie harte Arbeit und Disziplin. Es dürfe niemand wegen sozialer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexueller Orientierung benachteiligt sein, sagte May im nordenglischen Halifax: "Nur die eigene Leistung zählt." Wohlhabende Pensionisten müssen in Zukunft erheblich mehr zur Pflege im Alter beitragen, auch wächst die Rente deutlich langsamer als bisher.

May knüpft mit ihrem Appell an untere und mittlere Einkommensschichten an Margaret Thatcher an. Demoskopen zufolge stimmten schlechter Ausgebildete und schlechter Verdienende bei der Volksabstimmung überdurchschnittlich stark für den Brexit.

Wie zwei Tage zuvor die oppositionelle Labour-Party hatten sich auch die Konservativen eine nordenglische Stadt als Schauplatz ihres Wahlspektakels erkoren. Die Region gilt als Labour-Hochburg, verzeichnete bei der letzten Unterhauswahl aber einen hohen Ukip-Anteil und stimmte im vergangenen Jahr ganz überwiegend für den EU-Austritt.

Das 84-seitige Programm identifiziert fünf wichtige Probleme: erfolgreiche Wirtschaftspolitik, ein gelungener EU-Austritt, der Umgang mit neuer Technik, die Beseitigung sozialer Missstände sowie eine Antwort auf die Herausforderungen einer stetig alternden Bevölkerung. Zu verantwortungsvollem Regierungshandeln gehöre es, betonte May, den Wählern offen und ehrlich Probleme darzulegen und Lösungen anzubieten.

Starke Ausgangsposition

Bei den letzten beiden Wahlen lagen die Konservativen nicht zuletzt deshalb vorn, weil sie Erhöhungen von Einkommen- und Mehrwertsteuer sowie Pensionsversicherung ausschlossen und älteren Wählern allerlei Wohltaten versprachen. Davon ist diesmal nicht die Rede. Offenbar fühlt sich May angesichts hervorragender Umfragewerte stark genug, sich für die turbulenten Brexit-Jahre Spielräume freizuhalten.

Zwar konnte Labour zuletzt Boden gutmachen, der Abstand zu den Torys bleibt aber so groß, dass May mit einer riesigen Mehrheit rechnen kann. Auch im direkten Vergleich der beiden Spitzenkandidaten schneidet die 60-jährige Regierungschefin wesentlich besser ab als Oppositionsführer Jeremy Corbyn (67).

Für viele Ältere hält das Tory-Programm bittere Medizin bereit. Die bisher geltende Garantie auf stets wachsende Pensionen wird aufgeweicht, einen Heizzuschuss von jährlich umgerechnet 350 Euro erhalten nur noch Bedürftige, woran Labour aber festhält. Die Pflege im Alter will die Oppositionspartei wie bisher aus dem allgemeinen Steueraufkommen bestreiten; hierfür sollen Spitzenverdiener und Unternehmen stärker zur Kasse gebeten werden. Hingegen schließen die Torys zwar Steuererhöhungen nicht aus, kündigen aber auch keine an.

Pflegebedürftige sollen, anders als bisher, auch den Wert ihrer Häuser in die Einkommensgrenze von 100.000 Pfund einbringen, unterhalb derer der Staat alle Kosten übernimmt. Dies bedeutet für viele zukünftige Erben harte Einschnitte, da drei Viertel der Briten in den eigenen vier Wänden leben und der Wert ihrer Immobilien jahrelang stark gestiegen ist. (Sebastian Borger aus London, 18.5.2017)