Wolfsfahne in der Menge

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Jedes Jahr Mitte Mai pilgern tausende Kroaten nach Bleiburg im Süden Kärntens, darunter hunderte Rechtsextreme. Doch unter dem Deckmäntelchen des Gedenkens, deklariert als kirchliche Veranstaltung, werden faschistische und nazistische Symbole zur Schau gestellt, Hitlergrüße inklusive. Die Veranstalter und die österreichischen Behörden schauen weg, behindern aber Journalisten und Beobachter, die das Geschehen dokumentieren.

"Hier dürfen wir alles bis auf den Nazi-Gruß", hieß es von Bleiburg-Besuchern noch im vergangenen Jahr. Heuer wurde nicht einmal mehr das Verbot der Wiederbetätigung beachtet.

Kein würdiges Gedenken

Offiziell wird in Bleiburg eine Gedenkmesse gefeiert und jener militärischen Verbände des faschistischen kroatischen NDH-Staates, inklusive Waffen-SS, gedacht, die im Mai 1945 nach Bleiburg und damit in die britische Besatzungszone flüchteten, wo sie sich in Sicherheit glaubten. Doch die Briten übergaben sie an die jugoslawische Volksbefreiungsarmee, die in der Folge viele von ihnen hinrichtete. Seriöse Schätzungen über die Gesamtzahl der Vergeltungsopfer und der damit verbundenen Rückzugsgefechte in den Tagen am Kriegsende gehen von 50.000 bis 70.000 Personen aus, die meisten davon aus Kroatien, darunter auch Zivilisten.

Von einem würdigen Gedenken kann in Bleiburg – trotz der Anwesenheit hochrangiger Politiker aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina – jedoch nicht die Rede sein. Während der Messe am Loibacher Feld wurden riesige Fahnen der rechtsextremen und (neo)faschistischen Kleinstpartei HSP geschwenkt. Ihr militanter Flügel hatte 1929 die faschistische Ustascha gegründet, deren "Poglavnik" (Führer), dem Kriegsverbrecher Ante Pavelić, wurde in Bleiburg ebenso gehuldigt. Der Diktator Pavelić führte von 1941 bis 1945 den kroatischen NDH-Staat, einen Marionettenstaat Nazi-Deutschlands. In dem vom NDH-Staat betriebenen Konzentrationslager Jasenovac sind zwischen 80.000 und 100.000 Serben, Juden, Roma und Sinti sowie politische Gegner ermordet worden.

Hitlergruß inklusive

Das hielt Bleiburg-Teilnehmer nicht davon ab, in einem der Festzelte, das Platz für rund 150 Personen bietet, Lieder zu singen, die das Ustascha-Regime verherrlichen. Der Ruf "Za dom – spremni" ("Für die Heimat – bereit"), von 1941 bis 1945 quasi das kroatische "Sieg Heil", heute in Kroatien strafrechtlich verfolgbar, war omnipräsent. Hitlergruß inklusive. Die Polizisten die vor dem Zelt abgestellt waren, müssen das mitbekommen haben. Eingeschritten wurde nicht. Ebenso nicht, als mitten auf dem Feld nach der kroatischen Hymne einige Personen den Arm zum Hitlergruß hoben. Zu der offensichtlichen nationalsozialistischen Wiederbetätigung kommen noch Besucher mit "Afrika Korps – Göring Division"- oder "Panzerdivision"-T-Shirts und solche mit Hakenkreuztattoo, sowie hunderte einschlägige Symbole auf Bekleidung, Fahnen und Abzeichen, die den NDH-Staat und die Ustascha verherrlichen und teils auch in Österreich verboten sein dürften.

Die Kärntner Polizei spricht in einer Aussendung davon, dass die Veranstaltung mit insgesamt rund 10.000 Teilnehmern "ohne grobe Zwischenfälle" verlaufen sei. Ein zweifelhafter Befund, der wohl vor allem für jene Rechtsextreme und Neofaschisten gilt, die ihre Bleiburger Freiheit nutzen, um menschenverachtenden Ideologien zu frönen. Aber nicht für jene Journalisten und Beobachter, die dokumentierten, was in Bleiburg möglich ist: Ein "Vice"-Journalist wurde beim Filmen von dem privaten Sicherheitsdienst der Veranstalter attackiert und von Besuchern bedroht. Ein "Vice"-Fotograf und ein Beobachter bekamen Platzverbot. Weitere, beispielsweise eine "News"-Kollegin, wurden von zig Polizisten umringt und kontrolliert – angesichts der teils heiklen Bleiburg-Besucher ist es nicht gerade vorteilhaft, von der Polizei auf diese Weise als Journalistin hervorgehoben zu werden.

Offene Fragen

Die Behörden haben Bleiburg nicht unter Kontrolle, allen voran der Bezirkshauptmann, die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz. Deren gemeinsame Pressekonferenz zu Bleiburg im Jahr 2016 macht deren Sicht der Dinge klar: Damals war wörtlich davon die Rede, dass es auch bei anderen Veranstaltungen politischen Extremismus gebe und dass man vom äußeren Auftreten der Besucher nicht gleich auf deren innere Einstellung schließen könne. Heuer bekam "Vice" zu hören, dass ein Hitlergruß eine Verwaltungsübertretung sei. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen strafrechtlich relevanten Verstoß gegen das Verbotsgesetz und um ein Offizialdelikt. Das heißt: Werden die Behörden Zeuge davon, müssen sie von sich aus handeln. Und nicht nur zögerlich Anzeigen Dritter aufnehmen, so wie das heuer in drei Fällen passiert ist.

Bleiben die Fragen: Warum genehmigen die österreichischen Behörden nach wie vor eine Veranstaltung, deren Teilnehmer Jahr für Jahr faschistische und nationalsozialistische Unrechtsregime glorifizieren? Und warum werden Journalistinnen und Journalisten von den Veranstaltern und der Polizei am Ausüben ihrer Arbeit behindert, während Rechtsextremismus toleriert und bei Wiederbetätigung nicht eingeschritten wird (Tanja Malle, 19.5.2017)