So sah es einmal aus, das Internet: Café Griensteidl in einer Aufnahme von Carl von Zamboni für die Illustrierte "Die vornehme Welt" vor 1897.

Foto: Carl von Zamboni für die Illustrierte "Die vornehme Welt"

Medienmanager von Printverlagen stehen alle vor denselben Problemen: Wie können sie mit Journalismus Geld verdienen, wenn kaum noch jemand gedruckte Zeitungen kauft und das Internet eine nicht mehr umkehrbare Gratiskultur befördert hat? Wie schaffen es "legacy media", ihr Publikum davon zu überzeugen, dass guter Journalismus Arbeit bedeutet und daher etwas kosten darf?

Eine umfassende Antwort darauf gibt es nicht und wird es vermutlich auch nicht so bald geben.

Den strauchelnden Medienhäusern mag es ein schwacher Trost sein, aber ganz so aktuell sind verlegerische Existenzängste und das Klagen über eine Gratiskultur keineswegs. Was heute das Internet, das waren für die Buchdrucker in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Wiener Kaffeehäuser.

In dieser Zeit stieg die Bevölkerung Wiens von 75.000 auf rund 180.000 Einwohner an. Adel und Großbürgertum suchten in der Habsburger Residenzstadt nach Freizeitangeboten abseits des kaiserlichen Hofs und wurden im Kaffeehaus fündig. Die wachsende Nachfrage führte zu Neugründungen, die Wiener Kaffeehauskultur begann allmählich zu florieren.

Das Kaffeehaus ist schuld am Untergang

Das aber ging einem gewissen Johann Peter van Ghelen gegen den Strich. Der Sprössling einer mächtigen holländischen Buchdruckerfamilie war Verleger des "Wiener Diariums". Die Zeitung war zwar – nicht zuletzt aufgrund mangelnder Konkurrenz – durchaus erfolgreich, dennoch prophezeite van Ghelen in einem verbitterten Kommentar anno 1728, das "Diarium" werde langfristig nicht überleben.

Schuld daran seien die Wiener Kaffeehäuser: "Allhiesige Stadt ist (…) mit Cavé=Häusern fast an allen Ecken angefüllet, welche auch nur ein Diarium erkauffen, und also die Leute, welche lieber einen Groschen umb eine Cavé=Schalen, damit sie nur dabey die Zeitung umbsonst lesen können, als bey mir das Diarium umb 7 X zahlen zu wollen, zu sich ziehen, ohne einen einzigen Tax dafür zu erlegen und wiederum das Diarium einen traurigen Abgang haben muß."

Milchmedienrechnung

Eine echte Milchmädchenrechnung. Die Wiener Kaffeehäuser trieben van Ghelen keineswegs in den Ruin, im Gegenteil. Das "Wiener Diarium" wurde 52 Jahre nach Erscheinen dieses Kommentars in "Wiener Zeitung" umbenannt – und die ist bis heute die älteste existierende deutschsprachige Zeitung der Welt.

Neue Möglichkeiten der Monetarisierung von Nachrichten werden übrigens auch auf dem Summit des Global Editors Network (GEN) in Wien von 21. bis 23. Juni vorgestellt. Unter dem Titel "How to monetise content? Lessons from China" diskutieren unter anderem Sonya Song, Senior Data Manager von Chartbeat, Yudong Yang, Chefredakteur von "China Business News" und Wolfgang Blau, Chief Digital Officer von Condé Nast International über den erstaunlichen Erfolg chinesischer Geschäftsmodelle. (Gunther Müller, 19.5.2017)