Hunderte Lichtblitze – hier einer über dem Norden Südamerikas – registrierte der Erdbeobachtungssatellit DSCOVR. Dass sie auch über Landflächen auftreten, bereitet den Wissenschaftern Kopfzerbrechen.

Foto: Nasa/red

Greenbelt – Vom Weltraum aus gesehen erscheinen die Ozeane unseres Planeten wie riesige Spiegel. Als die Nasa begann, helle Reflexionsblitze auf der Erdoberfläche zu beobachten, maß sie dem Phänomen daher zunächst keine allzu große Bedeutung bei: Sonnenlicht, das von Meeresflächen zurückgeworfen wird, lautete die Erklärung. Aber dann tauchten die gleißenden Lichter auch über den Kontinenten auf – und vorerst konnte niemand sagen warum.

Erstmals aufgefallen sind die Reflexionen 1989 auf Erdaufnahmen der Galileo-Sonde während eines Swingby-Manövers auf dem Weg zum Jupiter. 1993 wies der angesehene US-Astronom Carl Sagan in einem Bericht auf die Spiegelungen hin, die nach seiner Beobachtung nur im Ozean zu sehen seien. Umso größer war daher die Überraschung, als die hellen Lichtblitze auf aktuellen Satellitenaufnahmen auch in großer Zahl über Land erschienen.

866 Blitze über Land

Die Bilder stammen vom Deep Space Climate Observatory (DSCOVR) der NOAA und wurden zwischen Juni 2015 und August 2016 mit der Earth Polychromatic Imaging Camera (EPIC) geschossen. Insgesamt 866 Reflexionen über Landflächen zählten die Wissenschafter um Alexander Marshak vom Goddard Space Flight Centre der Nasa. In einer ersten Reaktion gruben die Forscher die alten Galileo-Aufnahmen aus und unterzogen sie einer genaueren Überprüfung.

Und wirklich: Das Team entdeckte auch dort Lichterscheinungen über Land, die Carl Sagan vor fast 25 Jahren offenbar übersehen hatte. Als Ursache schlossen die Forscher kontinentale Flüsse und kleinere Seen aus, dafür waren die Blitze zu intensiv. Doch um ganz sicher zu gehen, bestimmten sie die genaue geografische Position aller bisher registrierten Lichter.

Diese Daten dienten den Wissenschaftern als Basis zur Überprüfung, ob tatsächlich Sonnenspiegelungen vorliegen, und nicht etwa Gewitterblitze oder andere Wettererscheinungen für das Phänomen verantwortlich sind. Der These nach könnten nur an jenen Stellen Reflexionen auftauchen, die von den Satelliten im selben Winkel gesehen werden, unter dem Sonne und Erde zueinander stehen. Nachdem die Forscher genau dieses Verteilungsmuster verifizieren konnten, blieb weiterhin die Frage, welche Oberfläche das Sonnenlicht so stark zu reflektieren vermag.

Video: DSCOVR-Daten lieferten die Erklärung für die hellen Reflexionsblitze.
NASA Goddard

Eiskristalle in Cirruswolken

Doch dazu hatte Marshak bereits eine Theorie: Anhand der genauen Positionsdaten der Lichtquellen konnten er und sein Team ihren Entstehungsort in einer Höhe von fünf bis acht Kilometer über dem Erdboden eingrenzen. Dies würde dafür sprechen, dass die Reflexionsblitze von winzigen Eiskristallen in Cirruswolken stammen, die sich teilweise regelmäßig ausrichten und so das Sonnenlicht zurückwerfen können, schreiben die Wissenschafter in den "Geophysical Research Letters".

Die Untersuchung der Strahlenwinkel schließlich untermauerte diesen Verdacht. "Die Quelle der Blitze liegt definitiv nicht am Boden", erklärt Marshak. "Vielmehr dürfte es sich um horizontal ausgerichtete Eispartikel handeln, die das Sonnenlicht zurückwerfen." (tberg, 20.5.2017)