München – An der Bundeswehr-Universität in München gibt es laut einem Pressebericht womöglich seit Jahren ein rechtsextremes Netzwerk. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am Freitag unter Berufung auf eigene Recherchen, es gebe zahlreiche Verbindungen zwischen Studenten und Absolventen der Universität zur rechtsextremen sogenannten Identitären Bewegung, die vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet wird.

Unter Berufung auf den Verteidigungsausschuss des Bundestages heißt es weiter, derzeit überprüfe der Militärische Abschirmdienst (MAD) vier Studenten der Bundeswehr-Universität wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus.

Der Nachrichtendienst muss unter anderem ermitteln, ob die Studenten auch Kontakt hatten zum terrorverdächtigen Oberleutnant Franco A. oder zu seinem mutmaßlichen Komplizen Maximilian T., der an der Bundeswehr-Universität studierte. Die beiden Soldaten werden verdächtigt, einen Anschlag geplant zu haben.

284 Verdachtsfälle geprüft

Insgesamt überprüft der MAD derzeit 284 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle in der Bundeswehr, darunter elf Studenten. Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschlands (RND) sind auch Soldaten in Bremerhaven, Torgelow (Mecklenburg-Vorpommern), Bischofswiesen (Bayern) und Munster (Niedersachen) im Visier des Nachrichtendienstes.

Wie das RND weiter unter Berufung auf den Verteidigungsausschuss berichtete, gibt es Hinweise auf eine womöglich direkte Verbindung zwischen Maximilian T., der "Identitären Bewegung" und einem bisher nicht aufgeklärten Waffendiebstahl.

Am 13. Februar wurde auf dem Truppenübungsplatz Munster demnach ein "Fuchs"-Panzer aufgebrochen, aus dem die Täter unter anderem zwei G36-Sturmgewehre, zwei Funkgeräte, Magazine sowie ein sogenanntes Doppelfernrohr erbeuteten. Unmittelbar vor dem Diebstahl soll Maximilian T. über Facebook Kontakt zu einem Soldaten G. in Munster aufgenommen haben. Dieser soll einer der vier Münchner Studenten mit Verbindungen zur "Identitäten Bewegung" sein.

Verfassungsschutz beobachtet "Identitäre Bewegung"

Die ursprünglich aus Frankreich stammende "Identitäre Bewegung" ist seit 2012 auch in Deutschland und Österreich aktiv und wird von den jeweiligen Verfassungsschützern beobachtet. Die Gruppe macht gegen eine "Masseneinwanderung" und eine "Islamisierung Europas" mobil, was aber laut dem österreichischen Bundesamt für Verfassungschutz und Terrorismusbekämpfung nur ein "Deckmantel" ist. Es werde "auf einer pseudo-intellektuellen Grundlage versucht, das eigene rassistisch/nationalistisch geprägte Weltbild zu verschleiern", urteilten die österreichischen Verfassungsschützer über die Bewegung, die sich mit öffentlichkeitswirksamen Störaktionen, etwa am Burgtheater oder auf der Alpe-Adria-Universität, Publizität verschaffen konnte.

Die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Sicherheitspolitik und Abrüstung, Agnieszka Brugger, wertete die neuesten Berichte als weiteren Beleg dafür, dass die Gefahr von Rechtsextremismus in der Bundeswehr unter Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen "verantwortungslos ignoriert worden ist".

Seit Jahren rechtsextreme Strukturen

An der Bundeswehr-Universität in München gibt es nach Aussage des Historikers Michael Wolffsohn seit Jahren rechtsextreme Strukturen. Der emeritierte Professor der Hochschule sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), es überrasche ihn nicht, dass nun ermittelt werde. Er weise schon seit Jahren auf das Problem hin.

Die Ursache sieht Wolffsohn in der Abschaffung der Wehrpflicht 2011. Seitdem habe sich die Allgemeinheit aus der Bundeswehr zurückgezogen. Das habe Extremisten angelockt. Für diese sei die Bundeswehr der ideale Nährboden: Sie würden kostenlos an Waffen ausgebildet und hätten auch Zugang zu Waffen und Munition, die man leicht entwenden könnte. (APA, 19.5.2017)