OTS 44 bietet einen Anblick, wie man ihn von jungen Sternen und deren protoplanetaren Scheiben kennt. Nur der Maßstab ist kleiner als üblich.

Foto: Johan Olofsson (U Valparaiso & MPIA)

Heidelberg – Etwa 554 Lichtjahre von uns entfernt befindet sich ein einsames Objekt, das Astronomen einige Rätsel aufgibt. OTS 44 ist als "Objekt planetarer Masse" eingestuft, was noch nicht viel besagt. Es bedeutet nur, dass seine Masse zwischen der von Asteroiden und der von Braunen Zwergen liegt – also in dem Bereich, in dem Planeten liegen. Im konkreten Fall handelt es sich um ein Mehrfaches der Jupitermasse – wie viel mehr, darüber gibt es unterschiedliche Schätzungen.

Erste Radiobeobachtungen zeigten, dass zu OTS 44 eine Art protoplanetare Scheibe aus Staub gehört, wie man sie um junge Sterne findet. Das kam unerwartet, denn ein vergleichsweise so massearmes Objekt dürfte eigentlich nicht auf die gleiche Weise entstehen können wie ein Stern, berichtet das Max-Planck-Institut für Astronomie.

Neue Messungen

Für die jüngsten Beobachtungen hatte eine Astronomengruppe unter der Leitung von Amelia Bayo von der Universität Valparaiso das ALMA-Observatorium in Chile genutzt. Die Beobachtungen erlaubten die Abschätzung der Masse des Staubanteils in der Scheibe rund um OTS 44. Dem Ergebnis zufolge reiht sich OTS 44 bei Objekten wie Sternen und Braunen Zwergen ein.

Alle diese Objekte haben offenbar bestimmte ähnliche Eigenschaften, darunter einen ähnlichen Zusammenhang zwischen der Masse des Staubs in der Scheibe und der Masse des Zentralobjekts. Das neue Ergebnis ergänzt bereits länger bekannte Parallelen – insbesondere den Umstand, dass das Zentralobjekt von OTS 44 nach wie vor wächst, indem es Materie von der umgebenden Scheibe auf sich zieht. Auch das wäre eigentlich ein charakteristisches Merkmal für junge Sterne.

Darf nicht und ist doch

Insgesamt sprechen diese Befunde stark dafür, dass OTS 44 in der gleichen Weise entstanden ist wie Sterne und Braune Zwerge, nämlich durch den Kollaps einer Gas- und Staubwolke. Bayo dazu: "Je mehr wir über OTS 44 wissen, umso größer wird seine Ähnlichkeit mit einem jungen Stern. Aber die Masse des Objekts ist so gering, dass sich OTS 44 den gängigen Theorien zufolge gar nicht wie ein Stern hätte bilden dürfen!"

Für eine mögliche Alternative, nämlich die gleichzeitige Bildung mehrerer Objekte, von denen OTS 44 nur eines ist, gibt es keine Belege: Die bisherigen Beobachtungen zeigen keine solchen Begleiterobjekte in der Nähe von OTS44.

Und noch etwas ist ungewöhnlich: Die Stärke der bei Millimeter-Wellenlängen empfangenen Strahlung weist auf die Anwesenheit von ungefähr millimetergroßen Staubkörnern hin. Unter den Bedingungen, wie sie in der Scheibe rund um ein astronomisches Objekt geringer Masse herrschen, sollte Staub sich eigentlich gar nicht zu solcher Größe (oder gar darüber hinaus) zusammenballen können.

In Zukunft ein Mini-System?

Die Staubteilchen rund um OTS 44 sind allerdings trotzdem am Wachsen. Sie könnten den Astronomen zufolge sogar auf dem Weg dazu sein, später einmal eine Art Mini-Mond des Objekts zu bilden: Das wäre dann eine weitere Ähnlichkeit mit Sternen und deren Planetensystemen. (red, 20. 5. 2017)