Aufwachen, aufstehen und die Übelkeit aufsteigen spüren: Für viele ist das in den ersten Monaten einer Schwangerschaft Realität.

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Eine werdende Mutter freut sich auf ihr Kind – fühlt sich aber sterbenskrank. Sie ist schlapp, ihr ist übel, sie muss sich übergeben. In den ersten vier Monaten hat etwa jede dritte Schwangere mit solch unangenehmen Symptomen zu kämpfen. Bei einigen hält die Schwangerschaftsübelkeit gar bis zur Geburt an. Was genau die Beschwerden auslöst, ist bislang unklar. Vermutlich ist es jedoch eine Kombination unterschiedlicher Ursachen.

Mitschuldig scheinen wie immer die Hormone – allen voran das Beta-hCG (humanes Choriongonadotropin). "Das Schwangerschaftshormon wird im Embryo gebildet und nach der Befruchtung ausgeschüttet", erklärt Peter Husslein, Vorstand der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien. Wie genau es die Übelkeit anregt, ist bislang nicht eindeutig bestimmt. Sicher ist allerdings, dass manche Frauen stärker als andere auf das Hormon reagieren. Spätestens nach dem dritten Schwangerschaftsmonat fällt der Beta-hCG-Spiegel aber in der Regel wieder ab.

Auch psychische Belastungen wie Stress, Streit mit dem Partner oder finanzielle Probleme können Dauer und Schwere der Übelkeit beeinflussen. "Einigen Frauen fällt es anfangs auch schwer, sich auf die neue Situation einzustellen und die Schwangerschaft mit all ihren Veränderungen anzunehmen", weiß Petra Welskop, Präsidentin des Österreichischen Hebammengremiums (ÖHG). Sich klarzumachen, dass sich ihr Leben nun ändert, dass sie vielleicht weniger belastbar sind – allen voran im Beruf -, müssten manche erst lernen. Ein niedriger Blutdruck kann die Schwangerschaftsübelkeit zusätzlich verstärken.

Sich auf Neues einstellen

"Die Übelkeit ist jedoch keine Krankheit", betont Frauenarzt Husslein, "sie ist ein Zeichen, dass der Körper der Frau sich auf den Fötus einstellt." Für das Immunsystem ist das Ungeborene in den ersten Monaten tatsächlich eine Art Fremdkörper. Die Übelkeit zeigt, dass sich der Körper an die neue Situation anpasst und sich an das Ungeborene gewöhnt. "Statistisch gesehen haben werdende Mütter, die mit Schwangerschaftsübelkeit kämpfen, sogar weniger häufig eine Fehlgeburt", weiß Husslein. Dem Embryo schade das Erbrechen im Allgemeinen nicht.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn sich die Frau drei oder vier Mal am Tag übergibt und dazu stark an Gewicht und Flüssigkeit verliert. "In diesem Fall sollte sie zum Arzt gehen", rät Hebamme Welskop. Dann handle es sich vermutlich um eine Hyperemesis gravidarum, eine besonders ernstzunehmende Schwangerschaftsübelkeit.

Schwangere mit Hyperemesis gravidarum, die bis zu fünf Prozent ihres Ausgangsgewichts verlieren, müssen oft im Krankenhaus behandelt werden. Dort erhalten sie Infusionen, die ihren Körper wieder mit ausreichend Flüssigkeit und Mineralien versorgen. "Die Infusionen sind oft mit Vitaminen angereichert", erklärt Facharzt Husslein, "wieso sie helfen, ist nicht wirklich klar." Zum Teil seien sie auch ein Volumenersatz, der den Blutdruck stabilisiert.

Spuk bald vorbei

Diese extreme Form der Schwangerschaftsübelkeit ist zum Glück recht selten und tritt in der Regel bei nur 0,5 bis einem Prozent der werdenden Mütter auf. "Die meisten Frauen können auch ohne Infusionen einiges gegen die Übelkeit tun", sagt Welskop. Statt dreier großer Mahlzeiten rät sie ihnen, etwa viele kleine zu sich zu nehmen und diese ausgewogen über den Tag zu verteilen. "Die erste Kleinigkeit – etwa einen Keks oder Zwieback – können die Frauen gleich morgens im Bett essen", so Welskop. Das stabilisiere den Kreislauf. Manche Frauen schwören auch auf Ingwer- und Kräutertees oder gehen zur Akupunktur.

Das Wichtigste sei jedoch, dass die Frauen sich wegen der Übelkeit keine allzu großen Sorgen machen. "Ab dem vierten Monat", so Welskop, "ist der Spuk meist von ganz allein vorbei." (Stella Marie Hombach, 20.5.2017)