Bibiana Steinhaus schlägt ein ein neues Kapitel auf.

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Frankfurt/Main – Als der Anruf kam, auf den sie so lange gewartet hatte, erlebte Bibiana Steinhaus "eine turbulente Achterbahnfahrt der Gefühle". Freude mischte sich mit Ungläubigkeit, Stolz mit Erleichterung. "Das war schon immer mein Traum", sagte Deutschlands beste Schiedsrichterin nach ihrem historischen Aufstieg in die Fußball-Bundesliga: "Dass dieser nun wahr wird, erfüllt mich mit großer Freude."

Als erste Frau wird die 38-Jährige in der kommenden Saison Bundesliga-Spiele leiten. Gemeinsam mit drei weiteren Neulingen wurde Steinhaus am Freitag vom DFB-Präsidium auf der Liste für die nächste Spielzeit bestätigt – es ist der Anpfiff einer neuen Ära. Eine der letzten Männerbastionen fällt.

"Ziemlich sprachlos"

"Ich war ziemlich sprachlos, als mich Lutz Michael Fröhlich anrief", sagte Steinhaus über das Telefonat mit dem DFB-Schiedsrichterchef. "Es ist zum einen Bestätigung für die harte Arbeit, zum anderen aber auch ein großer Ansporn, so wie bislang weiterzuarbeiten", betonte Steinhaus, die bislang im Unterhaus gepfiffen hatte und in der Bundesliga als Vierte Offizielle im Einsatz war.

"Sicherlich stehe ich als Schiedsrichterin gerade zu Beginn der Saison unter besonderer Beobachtung, auch durch die Medien", sagte Steinhaus, die fast schon entschuldigend versicherte: "Ich buhle nicht um die öffentliche Aufmerksamkeit, und meine Kollegen kennen mich gut genug, um das zu wissen."

Dennoch stand Steinhaus in der Vergangenheit immer wieder im Mittelpunkt. Ihre Beziehung zum ehemaligen englischen Top-Referee Howard Webb war für den Boulevard ein gefundenes Fressen, zudem sorgten ihr Disput mit dem künftigen deutschen Nationalspieler Kerem Demirbay und Umarmungen des ehemaligen Bayern-Trainers Pep Guardiola für Aufsehen.

Als Guardiola im Oktober 2014 im Bundesliga-Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern wütend eine längere Nachspielzeit eingefordert hatte und ihr dabei den Arm auf die Schulter legte, reagierte die Unparteiische ganz cool. "Das hatte schon Klasse. Schließlich stand da nicht irgendjemand vor ihr, sondern der Star-Trainer des FC Bayern", urteilte der ehemalige Weltklasse-Referee Urs Meier damals.

"Spielleitung ist geprägt durch intensive Kommunikation"

Aber nicht nur als Vierte Offizielle zeichnete sich Steinhaus immer wieder aus, ihre Nominierungen für sämtliche wichtige Spiele im Frauenfußball sind Beleg für ihre Klasse. Steinhaus, die seit 1999 als DFB-Schiedsrichterin agiert und 2005 zur Unparteiischen beim Weltverband FIFA aufgestiegen war, leitete unter anderem das Finale bei der Frauen-WM 2011 in Deutschland und das Endspiel des olympischen Frauenturniers 2012 in London. Von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) wurde sie erst kürzlich mit der Leitung des Champions-League-Finals der Frauen am 1. Juni in Cardiff/Wales beauftragt.

Was sie auszeichnet? "Mein Stil der Spielleitung ist geprägt durch intensive Kommunikation. Gegenseitige Erwartungshaltungen frühzeitig auszutauschen, gibt allen Beteiligten eine gute Richtschnur", sagte Steinhaus, die "empathisch auf Gesprächspartner" zugehen und damit "eine Begegnung auf Augenhöhe" schaffen will.

Kaum Unterschiede, erklärte sie weiter, gebe es im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen. "Wir haben alle die gleichen Voraussetzungen zu erfüllen." Künftig steht sie aber unter genauerer Beobachtung. (sid, 19.5.2017)